Welcher Ernährungsstil passt zu mir?

Im Dschungel der Ernährungstrends durchzublicken, ist nicht einfach.

In den Medien findest du Pro und Kontra für alles, egal ob Paleo, vegan, glutenfrei oder Atkins. Alles wird diskutiert und aus stets neuen Perspektiven beleuchtet. Welcher Ernährungsstil ist denn nun der gesündeste? Welcher ist auch für den Partner und die Kinder geeignet? Die Ernährungswissenschaft kann das nicht pauschal beantworten und dafür gibt es mehrere Gründe.

Heute Low-Carb, morgen High-Protein – wer auf der Suche nach dem einen, gesunden Ernährungsstil ist, fühlt sich in der Fülle an Informationen schnell verloren. Doch warum widersprechen sich die Aussagen der Ernährungswissenschaftler und Diät-Gurus eigentlich so oft? Hier erfährst du, warum!

Ernährung ist vielschichtig

Ernährung lässt sich nicht nur auf die wissenschaftliche Ebene reduzieren. Neben der Qualität und Quantität von Nährstoffen, die wir unserem Körper zuführen, geht es auch um den Lebensstil an sich, den persönlichen Kontext und das subjektive Empfinden von Gesundheit. Ernährung ist eine Frage der Einstellung, der kindlichen Prägung, der Religion, des Wohnortes und vieles mehr.

Lebensstil & Umweltbedingungen

Viele Dinge beeinflussen, welcher Ernährungsstil zu dir passt.
Viele Dinge beeinflussen, welcher Ernährungsstil zu dir passt. © Pablo Merchan Montes/unsplash

Alles hat Einfluss auf den Körper und wie er hinsichtlich der Verdauung reagiert: Deine Hobbys, dein Beruf, dein Stress– und Glückslevel bestimmen die Stoffwechselvorgänge ebenso mit wie die Lebensmittel, die wir im Supermarktregal vorfinden. Diese werden immer stärker industriell verarbeitet und mit Zusatzstoffen versehen. Weizen, Mais oder Soja werden bereits in der Züchtung optimiert.

Auch veränderte Umweltbedingungen, wie Luftverschmutzung oder Strahlung, sind relevante Faktoren – der Körper ist ständigen Veränderungen und Anpassungen ausgesetzt, deren langfristige Auswirkungen niemand kennt.

Genetische Vielfalt

Jeder Körper hat andere Gene und eine andere Darmflora, also eine andere Bakterienbesiedelung im Darm. Beides spielt eine entscheidende Rolle dabei, welche Nährstoffe der Körper besonders braucht, welche er gut oder schlecht verwerten kann und welche er nicht verträgt.

Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass sich der körpereigene Stoffwechsel im Laufe des Lebens wandelt. Neue Lebensphasen, wie eine Schwangerschaft, Schichtdienst oder hohe berufliche oder private Belastungen, verändern beispielsweise den Hormonhaushalt und inaktive Gene können auf einmal aktiv werden. Auch bestimmte Krankheiten können die Körperprozesse nachhaltig verändern.

Die Hürden der Wissenschaft

Um allgemeingültige Aussagen zur Ernährung treffen zu können, braucht es langfristige Studien mit genau vorgegebenen Parametern, die gut mit einer Kontrollgruppe verglichen werden können. Und das ist quasi unmöglich. Kaum ein Proband ist willig, seine Ernährung über einen langen Zeitraum von mehreren Jahren nach einem festen Schema einzuhalten und seinen Lebensstil daran anzupassen, damit möglichst wenige Störfaktoren das Ergebnis verfälschen. Spätestens wenn eine Schwangerschaft oder das Thema Kinder ansteht, wird kein Risiko mehr eingegangen.

Eindeutige Studienergebnisse sind also extrem schwer zu erhalten. Stattdessen gibt es viele einzelne, kürzere Studien in kleineren Gruppen oder ausschließlich an Tieren, statt an Menschen, die nach bestem Gewissen von den Wissenschaftlern interpretiert werden. Tauchen irgendwo auf der Welt neue Studienergebnisse auf, werden alte Aussagen noch einmal verglichen und erneut auf den Prüfstand gestellt.

Und da sich mittlerweile sehr viele Menschen mit dem Thema Ernährung beschäftigen, aus unterschiedlichem Antrieb und unterschiedlicher Qualifikation heraus, wird jede neue Aussage aus allen Blickwinkeln unter die Lupe genommen. Kein Wunder, dass sich die Meinungen und damit auch die Schlagzeilen in den Medien so häufig widersprechen.
Deshalb sind verlässliche Aussagen in der Ernährungsforschung unter anderem so schwierig:

  • Die Zeiträume, in denen Studien durchgeführt werden, sind zu kurz, um langfristige, allgemeingültige Aussagen treffen zu können.
  • Die Gruppe an Studienteilnehmern ist zu klein und damit nicht repräsentativ für den Großteil der Menschen.
  • Die Bedingungen der Studie dürfen die Gesundheit der Studienteilnehmer nicht riskieren.
  • Lebensstil und Umweltfaktoren des Einzelnen beeinflussen das Ergebnis maßgeblich.
  • Viele Studien werden mit Tieren durchgeführt, was nicht zwangsläufig auf den Menschen übertragen werden kann.
  • Wenn Unternehmen Studien mitfinanzieren, vermutet man ein kommerzielles Interesse und damit eine falsche Darstellung der Ergebnisse. Gleichzeitig braucht es aber Geldgeber, um in der Forschung weiterzukommen.

Bauchgefühl und Intuition stärken

Viele Thesen zum Ernährungsstil können weder bewiesen, noch widerlegt werden – weshalb vermeintliche Diät-Gurus auch nicht vollends entkräftet werden können. Einige Grundsätze stehen Dank der Wissenschaft fest, und gut ausgebildete Ernährungsfachkräfte lotsen dich sicher durch den Dschungel an Produkten und Informationen.

Dennoch ist und bleibt das Thema Ernährung eine sehr individuelle Angelegenheit und jeder muss für sich herausfinden, was gut zum eigenen Lebensstil, dem eigenen Bauchgefühl und dem unbekannten „Fahrplan“ in den Genen passt.

Über die Autorin

Kristina Lutilsky

Kristina Lutilsky ist Ernährungswissenschaftlerin und Kommunikationsfachfrau bei der PR-Agentur zweiblick in München (www.zweiblick.com). Das Team hat die Medien rund um Food und Ernährung täglich im Blick und berät namhafte Kunden im Lebensmittelsektor.

Titelbild: © Guillaume Bolduc/Unsplash

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