Burnout-Prävention: was sind die Anzeichen?
Interview mit Burnout-Expertin Carolin Setzer
Selten wacht man morgens auf und stellt fest: oups, ich habe ein Burnout. Dieser Erschöpfungszustand baut sich über Monate hinweg auf und das meist schleichend. Daher ist er als solches gar nicht so einfach zu erkennen.
Heute spreche ich mit Carolin Setzer, die selber ein Burnout hatte und nun andere Menschen als Stress- und Burnout-Präventionstrainerin unterstützt. Sie gründete souldelight, die Tankstelle für Körper, Geist und Seele.
In diesem Interview spreche ich mit Carolin über den Weg ins Burnout und wie man die Anzeichen erkennt.
Für alle, die lieber lesen als schauen, hier auch noch das Interview in schriftlicher Form.
Carolin, wie sah dein Leben vor dem Burnout aus?
Carolin: Mein Leben war schon irgendwie darauf programmiert, dass es sich in diese Richtung entwickeln kann. Ich war immer eine sehr selbständige Frau, ich habe immer sehr hohe Ansprüche an mich gestellt und ich habe immer sehr, sehr viel gearbeitet.
Mein Arbeitsbereich war die Architektur, ich habe in internationalen Projekten im Projektmanagement gearbeitet – in Spanien, in Dubai und in Wien. Früher war diese Schnelligkeit im Business immer sehr faszinierend für mich. Ich fand es extrem spannend von Null auf ein Projekt zu entwickeln. Ich kann mich extrem dafür begeistern, Potenziale zu entdecken und zu entwickeln.
Neben meinen sehr herausfordernden Jobs habe ich auch noch viele Hobbies gehabt und ein Postgraduate-Studium gemacht, weil ich dachte, ich müsste meine Freizeit noch sinnvoller nutzen. Ich kann mich an durchgearbeitete Nächte erinnern, Schlaf war einfach keine Priorität. Ich fand es großartig.
Das Arbeiten und der Stress war wie eine Sucht. Abgesehen vom Adrenalin-Flash ist es auch eine Art Bestätigung. Das lenkt vom Innen ab und du kannst dich im Außen gut darstellen. Das führt aber auch dazu, dass man die Verbindung zu sich selber immer mehr verliert. Und hier liegt auch schon der Grund des Übels, denn eigentlich geht es im Leben darum sich selbst zu spüren…zu spüren, was tut mir gut, was brauche ich, wann ist es genug, wann gehe ich über meine Grenzen.
Was waren die ersten Anzeichen, dass es so nicht weitergehen kann?
Carolin: Ich hatte da schon einen etwas längeren Leidensweg. Ich hatte schon mit 19 Jahren die ersten Panikattacken. Ich hatte einen Job, der sehr herausfordernd war. Ich hatte auch eine Beziehung, die sehr herausfordernd war. Ich hatte viele Aufgabengebiete, hatte hohe Ansprüche an mich selber und konnte meinem Perfektionismus nicht mehr gerecht werden. Ich wollte in allen Bereichen das beste Ergebnis erreichen.
Das allererste Anzeichen, das ich gespürt habe, war meine Schilddrüse, die eine extreme Unterfunktion hatte. Die anderen Anzeichen waren mir gar nicht so bewusst: Müdigkeit habe ich als gegeben hingenommen, die Anspannung war für mich natürlich. Das Gefährliche bei den Anzeichen ist, dass man es oft als „das Übliche“ bezeichnet. Die Anzeichen, die der Körper sendet wie Müdigkeit, Schlafstörungen oder Verspannungen, werden gar nicht wahrgenommen, weil sie anscheinend jeder in unserer Gesellschaft hat. Warnungen oder Ratschläge von Freunden oder Bekannten sind nicht zu mir durchgedrungen, ich habe gar nicht verstanden, von was sie reden.
Das Nachmittagstief wurde bei mir immer ausgeprägter, ich hatte immer öfter das Gefühl, ein LKW hat mich überrollt. Dann kamen Konzentrationsschwierigkeiten dazu und extreme Erschöpfung machte sich breit. Schon kleinste körperliche Anstrengungen überforderten mich. Eine weitere Steigerung kam, als mir beim Auftreten meine Fußsohlen weh getan haben, die Gelenke taten mir weh. Ich konnte nicht mal mehr die Arme über den Kopf heben.
Dann habe ich mich auch sozial immer mehr zurückgezogen, alles hat mich überfordert, das Handy hatte ich nur noch auf „lautlos“ gestellt. Es gab immer mehr Konflikte in Beziehungen, ich fühlte mich von niemandem verstanden.
Weitere Anzeichen waren Gedankenspiralen, ich konnte nicht mehr abschalten. Wenn der Kalender nicht durchgetaktet war und sich spontane Leerläufe ergaben, geriet ich in Panik.
Von der Phase der Übermotivation gerät man dann in die Phase des Leistungsabfalls. Eine innere Leere und Sinnlosigkeit macht sich breit. Es war wie ein Nebel im Kopf. Heulanfälle beim Aufwachen und im Büro waren an der Tagesordnung. In einer Besprechung wollte ich auf Fragen antworten und konnte einfach nichts sagen.
Ich wusste nicht, was mit mir los war. Deswegen bin ich dann zur Ärztin.
Hat die Ärztin sofort erkannt, was mit dir los ist?
Carolin: Ich war ja schon wegen der vorher beschriebenen, körperlichen Beschwerden in Behandlung bei meiner Ärztin. Als ich dann in diesem Zustand zu ihr kam, war ihr schnell alles klar.
Meine Diagnose war dann Überlastungsdepression. Zuerst wurde ich 14 Tage krank geschrieben. Und selbst in dieser Situation, wo nichts mehr ging, dachte ich: Nein, ich muss morgen zu einem wichtigen Termin ins Büro – ich hatte immer noch mein Pflichtbewusstsein oder die Angst zu versagen bzw. nicht zu genügen.
Wachgerüttelt hat mich mein Schilddrüsenbefund mit erhöhten Tumormarkern.
Was empfiehlst du, auf was man achten sollte, damit man nicht ins Burnout rutscht?
Carolin: In meinen Impulstrainings, Vorträgen und Seminaren spreche ich ja nicht aus dem Lehrbuch, sondern kann von meinen eigenen Erfahrungen berichten.
Was ich immer klar sage, ist, dass ein Burnout keine Auszeichnung ist, die man sich an die Brust heften kann. Es wird im Lebenslauf nicht als Plus gewertet. Ein Burnout kann wirklich existenzzerstörend sein. Ich mache auf die Symptome aufmerksam.
Ein sehr eindeutiges Symptom ist Schlaf – ein Schlafstörung ist nicht normal. Schlaf ist immens wichtig, um zu regenerieren. Schlafentzug gilt als Foltermethode. Es ist einfach wichtig, dass der Stresspegel beim Schlafen absinken kann. In der Prävention geht es vorrangig darum zu regulieren, den Selbstwert wieder aufzubauen, Selbstbewusstsein zu fördern.
Hier gehts zum zweiten Teil der Interview-Reihe: Burnout – wie läuft die Diagnose ab?
Über Carolin Setzer
Zunächst als Architektin im Projektmanagement im In- und Ausland tätig, begann Carolin nach einem Burnout eine intensive Reise zu sich selbst. Mentaltraining und Yoga sind ihre wichtigsten Kraftquellen. „Das größte Geschenk an meiner Arbeit als Stress & Burnout Präventions Trainerin ist es, Menschen auf ihrem Weg zu mehr Achtsamkeit, Leichtigkeit, strahlenden Augen, einem herzlichen Lächeln und dem Öffnen längst vergessener Türen zu begleiten.“
Foto: Miriamblitzt