Wege aus dem Burnout: Prioritäten für eine gute Work-Life-Balance
Burnout galt lange Zeit als eine Art Modeerscheinung. Dabei kennt die medizinische Fachwelt den Begriff des Burnouts bereits seit 1974. Der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger gab der chronischen Erschöpfung einen Namen.
45 Jahre sollte es trotzdem noch dauern, bis Burnout offiziell als Krankheit anerkannt wurde. Erst auf ihrer Tagung im Jahr 2019 konnte sich die WHO dazu durchringen, Burnout in die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) aufzunehmen.
Per definitionem ist Burnout ein chronischer Erschöpfungszustand, der auf anhaltenden Stress im Arbeitsalltag zurückzuführen ist. Die Erschöpfung, die aus der chronischen Überlastung resultiert, kann sich geistig (kognitiv), gefühlsmäßig (emotional), körperlich (physisch) und motivational zeigen.
Durch die Anerkennung des Burnouts als Erkrankung durch die WHO wächst die Sensibilität für dieses wichtige Thema, sodass Betroffene früher eine präzise Diagnose und damit die Chance auf einen guten Therapieansatz erhalten.
Die 12 Phasen des Burnouts: Ausbrennen in kleinen Schritten
Der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger definierte nicht nur den Begriff des Burnouts, er entwickelte auch die bis heute in der Psychotherapie gebräuchlichen 12 Phasen dieser Erkrankung. Sie zeigen, wie Betroffene durch Überlastung Schritt für Schritt in die Erschöpfung hineingleiten:
Phase 1: Der Zwang, sich selbst und anderen etwas zu beweisen
- Eigene Grenzen werden übersehen und ignoriert
- Bei der Arbeit werden Spitzenleistungen erbracht
- Die Erwartungen an sich selbst steigen drastisch an
Phase 2. Verstärkter Einsatz
- Neue Aufgaben bei der Arbeit werden mit Bereitschaft übernommen
- Mehrarbeit und Überstunden steigen an
- Der Betroffene fühlt sich unentbehrlich
Phase 3: Nichtbeachtung der eigenen Bedürfnisse
- Die eigenen Interessen werden vernachlässigt
- Der Konsum von Stimulanzien steigt
- Vereinzelte Schlafstörungen
Phase 4: Verdrängung von Bedürfnissen und Konflikten
- Hobbies werden aufgegeben
- Fehlleistungen
Phase 5: Umdeutung von Werten
- Ehemals wichtige Werte werden bezweifelt
- Mögliche Beziehungsprobleme
Phase 6: Verleugnung von Problemen
- Absinken der Toleranzgrenze im Umgang mit anderen Menschen
- Desillusionierung und das Gefühl mangelnder Anerkennung
Phase 7: Rückzug
- Meidung sozialer Kontakte
- Hoffnungslosigkeit
Phase 8: Starke Verhaltens- und Wesensänderung
- Steigende Ängstlichkeit
- Zunehmende Einsamkeit
- Aggressive Reaktionen auf vermeintliche Kritik
Phase 9: Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
- Kontaktverlust zu sich selbst
- Roboterhaftes Funktionieren
Phase 10: Innere Leere
- Ersatzbefriedigungen durch den vermehrten Konsum von Alkohol und Drogen
- Entstehung von Phobien, Panikattacken und sozialen Ängsten
Phase 11: Depression & Erschöpfung
- Gleichgültigkeit
- Hoffnungslosigkeit
- Perspektivlosigkeit
Phase 12: Völliges Ausgebranntsein
- Suizidrisiko
- Gefahr eines psychischen und physischen Zusammenbruchs
(Übersicht der 12 Phasen des Burnouts ist der My Way Betty Ford Klinik entnommen.)
Meist werden die Signale erst ab Phase 9 oder 10 als Gesundheitsrisiko wahrgenommen und medizinisch abgeklärt. Für Betroffene beginnt der Weg in die chronische Erschöpfung allerdings bereits deutlich früher.
Frauen mit Kindern brennen häufig aus
Vom „durch chronischen Stress am Arbeitsplatz“ ausgelösten Burnout sind Männer und Frauen gleichermaßen betroffen. Immer häufiger trifft es allerdings Frauen mit Kindern und das unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie beruflich aktiv sind. Aber wie kann das sein, wenn die Definition des Burnouts auf beruflichem Stress basiert?
Eine hohe Arbeitsbelastung gepaart mit außerberuflichen Herausforderungen reicht nicht aus, um ein Burnout zu entwickeln. Wulf Rössler, Direktor der Klinik für Soziale Psychiatrie und Allgemeinpsychiatrie an der Universitätsklinik Zürich, erklärt im Gespräch mit der Presse am Sonntag, warum vor allem Frauen mit Kindern eine Risikogruppe sind, die immer häufiger vom Burnout betroffen ist:
„Niemand sagt Danke schön und Lohn gibt’s für Hausfrauen schon gar nicht“, so der Wissenschaftler. „Hat man das Gefühl, entsprechend belohnt zu werden? Gibt es undurchdringliche hierarchische Strukturen? Kann man selbst bestimmen? Frauen mit Doppelbelastung haben zum Beispiel sehr selten die Möglichkeit, zu irgendjemandem Nein zu sagen.“
Frauen, die das heute so beliebte Bild der erfolgreichen Familienmanagerin leben, die möglicherweise auch noch beruflich erfolgreich bleiben möchte, erkennen sich in diesem Dilemma wieder. Dabei ist eine gesunde Work-Life-Balance die einzige Möglichkeit, um einem Burnout langfristig entgegenzuwirken und eine bereits vorhandenen Erschöpfung zu behandeln. Mit diesen Tipps kannst Du Deinen Alltag wieder ins Gleichgewicht bringen:
1. Prioritäten setzen
Der Alltag ist voll von Aufgaben und Herausforderungen. Um das Leben wieder ins Gleichgewicht zu bringen, solltest Du Prioritäten setzen. Mach Dir am Abend eine To-Do-Liste für den kommenden Tag und sortiere alle anstehenden Dinge nach Wichtigkeit. Die ersten fünf Punkte auf Deiner Liste werden nach Dringlichkeit abgearbeitet, der Rest darf verschoben werden. Nur durch klare Prioritäten schärfst Du Deinen Blick dafür, was wirklich sein muss, und was nur überflüssigen Ballast bedeutet.
2. Achte auf Pufferzeiten
Wir neigen dazu, uns zu viel vorzunehmen und die Tage zu eng zu takten. Plane bewusst Pufferzeiten ein. So kannst Du den Alltag etwas entstressen und läufst nicht vom ersten Augenblick an der Uhr hinterher.
3. Gib Aufgaben ab
In der Familie, im Beruf und im Freundeskreis gibt es immer wieder Aufgaben, die auch jemand anderer erledigen könnte. Die Kinder und Dein Partner können im Haushalt helfen, für die Grillparty können die Gäste etwas vorbereiten und auch Deine Kollegen sind in der Lage, die Ablage zu machen, damit Du mal pünktlich nach Hause gehen kannst. Übe jeden Tag, kleinere Aufgaben abzugeben. So schaffst Du Dir Freiräume für wichtigere Dinge.
4. Plane Zeit für Dich ein
Plane jeden Tag einen Termin mit Dir selbst ein. Das kann eine ruhige Tasse Kaffee am Morgen sein, der Sport am Abend oder ein Treffen mit lieben Freunden. Wichtig ist, dass an jedem Tag ein Punkt auf Deiner Prioritätenliste stehen sollte, der Dir guttut. Dieser Termin darf auf keinen Fall verschoben werden.
5. Gib Probleme an diejenigen zurück, die sie verursacht haben
Es gibt Menschen, die ihre Fehlplanungen gerne auf Andere abwälzen. Lass Dich nicht als Feuerwehr einspannen. Gib Probleme bewusst an die Personen zurück, die sie verursacht haben, und lass sie selbst eine Lösung finden. Das heißt nicht, dass Du liebe Menschen nicht unterstützen sollst, aber alles in einem gesunden Maß und ohne schlechtes Gewissen, wenn Du selbst genug zu tun hast.
6. Lege den Fokus auf Erfolge, nicht auf Misserfolge
Bestätigung ist für die meisten Menschen sehr wichtig. Konzentriere Dich deshalb jeden Tag auf die Dinge, die Du geschafft hast, und nicht auf das, was liegen geblieben ist oder nicht so gut war. Belohne Dich für Geschafftes und genieße bewusst Deinen Erfolg. Echte Bestätigung und Zufriedenheit kannst Du Dir nur selbst schenken.
7. Auszeiten sind ein Muss
Jeder Mensch braucht Erholungspausen. Achte auf Deine Gesundheit und gönne Dir regelmäßige Auszeiten. Eine Stunde am Tag, ein Tag in der Woche und ein Wochenende im Monat lautet die Faustregel für das Maß an Auszeiten, die Du Dir und Deiner Gesundheit gönnen solltest. So bleibst Du ausgeglichen und energiegeladen und tust damit nicht nur Dir selbst, sondern auch den Menschen einen Gefallen, die sich täglich auf Dich verlassen.