IBIZA- Alles "happy"?

Blütenpracht im Agroturismo Atzaró

Das perfekte SchneckengehäuseDie Menge bebt, denn die dreiköpfige Band bringt so manche Frau dazu freiwillig auf die Bar zu steigen, um ihre Hüften zu schwingen und ekstatische Tänze zu vollführen. Nach einer atemberaubend schönen Sonnenuntergangsstimmung– wenn man von den hunderten Schaulustigen um einen herum absieht –legten die Musiker, begleitet von einem DJ los. Wir befinden uns am Strand von Cala Comte, der Westküste Ibizas. Über uns ein Schneckenförmiges weißes Sonnen-Dach, ein Freiluft-Restaurant perfekt auf der erhöhten Landzunge platziert. Derzeit eine In-Location. Die Elektronischen Beats werden begleitet von Gitarre, Percussions und Keyboard, mit indischen Klängen kombiniert, hebt dies die Stimmung. Und wenn dann Pablo, der Gitarrist „higher baby, higher baby“ in einer gefühlten Endlosschleife dazu singt, wollen alle nur eins, Tanzen. Sonnenuntergang in Cala ComteSolch eine Situation passiert einem öfter mal in Ibiza, wenn man weiß, wo sich was wann abspielt. Doch leider sind die Geheimtipps im Westen, Norden und Osten der Insel schon lange keine mehr. So ist der Strand von Benniras Sonntag abends im Hochsommer so überfüllt, dass die Trommler, die sich hier seit Jahrzehnten treffen, um die Schwingungen der häufig vorkommenden Kristalle aufzunehmen und zu transportieren, umzingelt von Kameras, die aufpassen müssen, nicht im Wasser zu landen. Auch im Sunset Ashram Bar-Restaurant in Cala Comte muss man vorab Reservieren, sonst streitet man sich noch um frei werdende Plätze und die Sonnenuntergangs-Stimmung wird schnell getrübt. Wie an solchen Plätzen üblich wird immer guter Sound kredenzt, entweder legt ein bekannterer DJ auf oder eine Live-Session kündigt sich an. Es ist Oktober und wohl die längste Sommer-Saison für die „locals“ (jene Auswanderer, die schon seit über 15 Jahren auf der Insel leben und einen Großteil zur „Hippy Insel Ibiza“ beigetragen haben und es noch tun.), so versichert mir das eine dort lebende gute Freundin. Aufgrund vieler Krisenherde in Europa ist das „unberührte“ Ibiza eine immer beliebtere Destination geworden. Und im Jahr 2016 scheint der Hype nicht enden zu wollen. Natürlich freut sich jeder über konsumfreudige Touristen hier, doch es hat auch seine Nachteile. Die Grundstückspreise und Mieten stiegen in den letzten Jahren exorbitant schnell an. Eine Ibizenkische alleinerziehende Mutter kann sich auf der Insel keine Wohnung mehr leisten. Die Superreichen schon, riesige umzäunte Domizile werden errichtet. Am besten noch opulenter als der Nachbar. So werden die alten Fincas zu Millionen von Euros gehandelt. Und da große Grundstücke bewässert werden müssen, um den Rasen grün zu halten, wird die Wasserknappheit auch hier gegenwärtig. Agroturismo Atzaro„Let love rule“, der Song unterbricht meine miese Stimmung nach diesen Aussichten auf meiner Traum-Insel. Das Hippie-Flair muss man mittlerweile suchen. Das Wort LOVE ist zwar allgegenwärtig, doch Gegensätze tun sich auf. Die Zuwanderung war hierher immer schon groß, doch jetzt droht auch das Fass zum Überlaufen. Inseln verändern sich, der Tourismus verändert sich. Im Süden regiert das Party-Volk. Nachdem man rund 120.- Euro Eintritt abgelegt hat, kann man auch an den legendären Closing- Parties teilnehmen. Keine Frage, wer gern laut und schrill Party macht, ist hier richtig. Es wird auf alle Fälle was geboten. „So viele schöne Frauen, hab ich wirklich selten auf einem Fleck gesehen“, O-Ton meines Partners, der zum ersten Mal die Insel mit mir bereist.PortinatxWir bevorzugen den Norden von Ibiza. Hier kann man in der Nebensaison wunderschöne kleine Buchten finden und herrlich Essen gehen, die Zeit zu zweit an den zahlreichen Stränden genießen. Am Sonntag in San Juan durch den Künstler-Markt gemütlich schlendern und staunen oder in Porto Portinatx mit Blick auf den schwarz-weißen Leichtturm Schwimmen oder auch Tauchen gehen. Im Agrotourismus Ressort Atzaro (www.atzaro.com) die Annehmlichkeiten des Day Spas genießen oder in Santa Gertrudis bei Angels Ibiza oder Aurobelle herrlich entspannt richtig gut Design einkaufen. Ob Wandern, Mountainbiken oder mit einem ausgeliehenen superbunten 2CV (ibiza.ducksunited.com) oder Citroen Mehari (www.ibizafunrentacar.com) die Insel durch den Campo (so nennt man die Gegenden der nicht bepflasterten Nebenstraßen) erkunden, ganz nach Geschmack und Laune. Hier empfiehlt sich jedoch bei den echt günstigen Leihwägen vor Ort (zb. über doyouspain.com) ein stärkeres Modell zu nehmen (muss nicht unbedingt Allrad sein, aber ein Kia Sportage, o.ä. tut es auch). Man fühlt sich überhaupt sicherer, mit mehr Blech um sich herum, die Straßen sind kaum beleichtet nachts, eng und kurvig. Auch wenn die Serpentinen die Motorrad-Fahrer besonders ansprechen müssen, man sieht mehr Busse und Mini-Leihwägen, die die Fahrt oft länger ausfallen lässt. Der Mehari - ein FunCarWobei man vom Norden in den Süden etwa 50 min. Fahrzeit benötigt und vom Westen in den Osten nur etwa 40 min., wenn man es gemütlich angeht. Also vieles Sehenswertes „um die Ecke“ und gut erreichbar, nur oft mäßig beschildert. Der Spaßfaktor in solch einem Fun-Car wie den Mehari ist jedoch unbestritten hoch.Blick auf Es Vedra in Cala D´HortDie Insel ist magisch und kann dich verändern. Das wird mir von vielen hier lebenden, aber auch (v.a. Yoga-) Touristinnen bestätigt. Wenn du einmal auf Es Vedra, den mystischen Felsen im Südwesten von Ibiza geblickt hast, nur die Spitze von weißen und schwarzen Wölkchen umkreist wird, der Sonnenuntergang im Wasser direkt daneben gerade in voller Röte glänzt und zwischen dir und der kleinen vorgelagerten Insel die Delfine plötzlich zu springen beginnen. Da kannst du nur Amen, Ohm, o.ä. sagen und dich deinem Glück hingeben und verneigen. Atlantis - BadewannenDies ist mir auch geschehen im benachbarten Atlantis, ein Ort um den sich genauso viele Mythen drehen wie um Es Vedra und der nur per Boot oder zu Fuß erreichbar ist. Wenn man sich an der riesigen Kletter-Wand entlang der Küste dem Meer in gutem Schuhwerk (!) nähert und vor quadratischen Felsblöcken steht, „Badewannen“ mit türkisen Wasser einem entgegenlachen und das Handy verrücktspielt, weiß man, man ist angelangt.FelsenbilderDer drittgrößte magnetische Ort der Welt. Und selbst dort tummeln sich alle Nationalitäten und grüßen oder reden sich per du an, strahlend. Und du spürst, etwas Magisches liegt in der Luft. In den brüchigen Felswänden finden sich Bilder wie Köpfe oder Buddhas, viele von BesucherInnen hinterlassene Kunstwerke, wo man auch hinschaut. Man erzählte mir schon von den Plätzen der Transformation. Was ist in Atlantis einst geschehen?Atlantis kann ein solcher sein. Wenn man den Tag dort verbringt (mit genügend Proviant und Wasser im Gepäck), vorsichtig ins Meer baden geht und die Szenerie wirken lässt, hat man viel gewonnen. Let love rule und Namasté, waren auch hier meine letzten Gedanken, beim Anblick so vieler Naturschönheiten. Hoffentlich werden wir sie noch lange genießen können!?

Beitragsbilder: Evelyn Klima

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