Liebe, Familie und Job - wie hat sich das Rollenverständnis entwickelt?

Wie hat sich das Rollenverständnis entwickelt?

2014 waren in Österreich laut Statistik Austria mehr als 4,1 Millionen Personen unselbständig beschäftigt – darunter rund 2,1 Millionen Männer. Das Verblüffende: Mit 1,9 Millionen Beschäftigungen liegen die Frauen nur knapp hinter den Männern. 1994 – also vor etwa zwanzig Jahren – sah die Situation noch anders aus. Es gingen deutlich mehr Männer einer Beschäftigung nach als Frauen.

Diese Entwicklung erlebt aber nicht nur Österreich. Auch in den Nachbarstaaten ist über Jahrzehnte die Quote der Frauen unter den Erwerbstätigen gestiegen. Parallel haben sich die Anforderungen im Beruf verändert. Beide Aspekte haben Auswirkungen auf die Sichtweise von Beruf, Karriere und Familie. Wie nehmen sich Männer und Frauen in Österreich wahr? Welche Erwartungen haben die Geschlechter an die Work-Life-Balance?

Wie sieht das Rollenbild für Männer und Frauen heute aus?

Liebe, Familie und Job - wie hat sich das Rollenverständnis entwickelt?; Bildquelle: parship.atIn der Generation jener Erwerbstätigen, die heute zu den unter 40-Jährigen gehören, herrschen klare Vorstellungen zum Bild von Mann und Frau. Was überrascht, ist die teilweise unerwartete Deckung zwischen den Ansichten der Geschlechter zum Rollenbild. Auf der anderen Seite wird anhand der Infografik (Quelle: https://www.parship.at/) aber auch deutlich, wo Frauen und Männer hinsichtlich ihrer Haltungen und Meinungen auseinanderliegen. Die Infografik kannst du hier downloaden.

Wo sehen sich die Geschlechter im gegenseitigen Rollenverständnis? Geht es um die Frage nach den Werten im Leben, steht bei Frauen das Ideal von Geborgenheit zwar nach wie vor im Mittelpunkt – mit 53 Prozent. Allerdings sind sich beide Geschlechter dahin gehend einig, dass auch Unterhaltung und ein gewisser Fun-Faktor im Leben durchaus einen Platz haben.

Das Verblüffende: Männer und auch Frauen messen diesem Bereich ihres Alltags eine gleich hohe Bedeutung zu. In puncto Karriere und beruflichem Erfolg nehmen die Männer wieder das Zepter in die Hand. Sicherheit, Stabilität im Leben und Ruhe sind dem männlichen Geschlecht weniger wichtig – auch im 21. Jahrhundert.                                                                Frauen                           Männer

Spaß, Unterhaltung                             43 Prozent                     43 Prozent
Geborgenheit                                      53 Prozent                      k.A.
Sicherheit, Stabilität                             37 Prozent                     24 Prozent
Erfolg, Vermögen                                  k.A.                               28 Prozent

Männer sind die Macher im Beruf

Entsprechend dieser relativ klaren Werteverteilung ist auch die Wahrnehmung der Geschlechter in einzelnen Lebensbereichen. Hinsichtlich:

  • der finanziellen Versorgung des Haushalts und
  • des beruflichen Erfolgs

sind ganz klar die Männer gefordert. Allerdings ist der Unterschied im Hinblick auf die Haushaltsführung nicht mehr ganz so deutlich, Männer dürfen hier im modernen Rollenverständnis ruhig mit anpacken. Im Hinblick auf die Frage, ob Männer/Frauen:

  • liebender Partner
  • gute Eltern oder
  • auch ein Freund

sein müssen, sind sich die Geschlechter relativ einig – und erachtet diese Positionen füreinander durchaus als wichtig. Dennoch ist der Prozentsatz jener Österreicher, die der Familie größere Bedeutung als dem Beruf beimessen, bei den Frauen höher. Mit 68 Prozent bleiben Frauen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Job und Familie dennoch in Schlagdistanz der Männer, die mit 64 Prozent durchaus vergleichbare Ansprüche haben.
Übrigens: Obwohl Männer eher als die Macher und Aufsteiger im Beruf angesehen werden, hätte fast ein Drittel der Österreicher kein Problem damit, in Vollzeit zum Hausmann zu werden. Bei den Frauen kann sich die Aufgabe des Berufs nur ein Fünftel vorstellen. Wirklich in der Praxis gewagt hat diesen Schritt allerdings nur ein Prozent der Männer.

Wie sah das Rollenbild noch in den 60er Jahren aus?

In den Nachkriegsjahren bis in die 1960er Jahre hinein hatten Österreich und Deutschland – aufgrund der engen Verbindung in den Kriegsjahren – nicht nur mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, auch die Rollenverteilung der Geschlechter war vergleichbar. Die Frau wurde wieder zunehmend in den Haushalt zurückgedrängt, es lebte das klassische Rollenverständnis auf.

Allerdings deutete sich in den 1960er Jahren eine Kehrtwende an. Diese wurde unter anderem durch die Bildungsexpansion ausgelöst, welche besonders Frauen bzw. Mädchen zu einem höheren Bildungsstandard verhalf. Hier hat sich beispielsweise der Anteil jener Frauen mit Matura laut BKA zwischen 1971 bis 2006 fast verdreifacht.

Dieser hier beginnende Trend lässt sich auch in der Erwerbstätigkeit nachvollziehen. Zu Beginn der 1950er Jahre war etwa ein Drittel der Frauen den Erwerbstätigen zu zurechnen. Inzwischen nähert sich dieser Trend immer mehr und auch schneller der 50-Prozent-Marke an. Das Rollenbild der Geschlechter hat sich in den vergangen fünf Jahrzehnten verändert. Wichtige Hürden hierfür hat die Gesellschaft in Österreich in den 1960er Jahren genommen. Obwohl im Wesentlichen der traditionellen Verteilung zwischen Mann und Frau verhaftet, waren spätestens Ende des Jahrzehnts auch in Österreich zukunftsweisende Ansätze zu erkennen.

Welche Herausforderungen sind heute für Familien besonders groß?

Das sich verändernde Bild der Geschlechterrollen ist nicht die einzige Herausforderung, denen Männern und Frauen gegenüberstehen. Gerade als Familie hat sich die Art und Weise, wie Hürden wahrgenommen und gemeistert werden, im Vergleich zur Vergangenheit deutlich verändert.

Dabei spielt heute weniger der finanzielle Aspekt eine Rolle. Wie die 1. Österreichische Familien- und Wertestudie 2015 zeigt, ist in den letzten Jahren gerade die Balance zwischen Beruf und Familie sowie die Frage nach der Wohnsituation zu einem treibenden Element geworden. Damit geht die wachsende Problematik eines zunehmenden Zeitmangels einher. Männer bzw. Frauen, die sich in der Spanne zwischen 20 und 30 Jahren beruflich und familiär orientieren sowie etablieren sollen, stehen unter wachsendem Druck. Wie sollen die wichtigsten Punkte miteinander in Einklang gebracht werden? Das klingt nach der drängendsten Frage für die heutige Generation zwischen 20 und 30 Jahren.

Die Familien- und Wertestudie benennt als herausfordernde Lebensbereiche u. a.:

  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Wohnsituation/günstiger Wohnraum
  • Kinderbetreuung
  • Zeitmanagement
  • finanzielle Situation.

Fazit: Frauen werden selbstbewusster und Männer bleiben zu Hause

Vor 30 oder 40 Jahren wäre die Tatsache, dass sich ein Drittel der Männer potenziell als Hausmann sieht, ein echtes Novum gewesen und hätte sicher für Gesprächsstoff gesorgt. Heute nehmen die Geschlechter ihre Rolle durchaus entspannter wahr und haben kein Problem, alte Schranken niederzureißen. Nicht zuletzt der deutlich gestiegene Anteil der Frauen bei den Erwerbstätigen oder das höhere Bildungsniveau unterstreichen die Entwicklung. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass die neue Wahrnehmung der Geschlechter in den Köpfen von Mann und Frau angekommen ist. Es dürfte deshalb sehr spannend sein, zu sehen, wie sich die Gesellschaft in den nächsten Jahren weiterentwickelt und welches Rollenverständnis die nächsten Generationen mit sich bringen.

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