Wassergewöhnung: Entspannt im Wasser mit Kindern
Wer kennt nicht jemanden, der Wasser absolut nicht leiden kann? Das Nachbarskind, das beim Haarewaschen so laut schreit, dass die Mutter sich bei der nächsten Begegnung, dafür bedankt, dass man nicht das Jugendamt angerufen hat oder den Klassenkameraden beim Schulschwimmen, der gefühlt immer tiefer sackt beim Bahnenschwimmen.
Nicht jeder wird als Wasserratte geboren. Umso wichtiger ist die sanfte Wassergewöhnung, damit der nächste Familienausflug ins Schwimmbad nicht zum Albtraum wird. Kinder lernen durch Machen, nicht umsonst kommt Mut von machen. Wenn du dein Kind bereits im Babyalter behutsam mit dem nassen Element in Kontakt bringst, wird das vieles erleichtern.
Verschiedene Studien haben herausgefunden, dass durch eine frühe Wassergewöhnung, die Kinder ihre Bewegungen leichter steuern und koordinieren können und schneller schwimmen lernen. Außerdem entwickelt sich ein besseres Gleichgewichts- und Körpergefühl.
Als Kursleiterin für Babyschwimmen und Anfängerschwimmen und als vierfache Mama kenne ich beide Seiten. Mein jüngster Sohn liebte das Babyschwimmen, danach war er längere Zeit krank und durfte nicht ins Wasser. Die ersten zaghaften Schwimmbadbesuche waren dann für alle Beteiligten anstrengend.
Mit diesen Tipps und Tricks macht die sanfte Wassergewöhnung Spaß für die ganze Familie:
1. Wassergewöhnung fängt bereits zu Hause an
Sollte dein Kind das Duschen, Baden oder nur das Haarewaschen blöd finden, dann ist das zwar blöd, aber erstmal nicht zu ändern. Wenn du dir die Zeit nimmst, herauszufinden, warum dein Kind es ablehnt, kannst du schneller etwas ändern. Manchen Kindern ist der Duschstrahl zu hart oder das Wasser ist zu kalt oder zu warm. Meine Kinder fanden alle das Baden als Baby schrecklich und haben nur geschrien. Bis ich herausgefunden habe, dass der eine lieber duscht als badet und der andere gerne bei 32 Grad badet, und nicht bei 38 Grad.
Auch Haarewaschen ist oft ein Problem. Meist dann, wenn die Kinder mal eine schlechte Erfahrung gemacht haben und das abgespeichert haben. Ohne Haarewaschen geht es nicht und damit man danach als Mama, Patentante oä. nicht 2kg Schokolade als Nervennahrung braucht, empfehle ich den Eltern gerne mal den berühmten Waschlappen über das Gesicht zu legen oder das Kind sich die Haare selber waschen zu lassen mit wenig Shampoo. Dadurch macht das Kind eine neue Erfahrung.
2. Wenn Wasser mal keinen Spass macht…
…ist das auch kein Weltuntergang. Wichtig ist, dass du dir Zeit und Ruhe für den Schwimmbadbesuch nimmst. Wenn man selbst abgehetzt und müde ist, überträgt sich das auf das Kind und man fühlt sich nicht wohl. Daher lieber in Ruhe und mit Zeit ins nächste Schwimmbad fahren. Natürlich gibt es auch Tage, da findet die größte Wasserratte keinen Gefallen am nassen Element. Oft ist es für uns Eltern schwierig, diesen einen bestimmten Grund herauszufinden.
Vielleicht steht ein Entwicklungsschritt bevor oder ein Infekt macht dem Körper zu schaffen?
Wichtig ist hierbei: Ruhe und Geduld. Vielleicht bietest du ein anderes Spiel an. Wenn du merkst, dass es gar nicht funktioniert, dann spielt man an einem anderen Tag weiter.
3. Sicherheit am und im Wasser
Ertrinken gehört neben Ersticken zu den häufigsten Ursachen tödlicher Unfälle bis zum fünften Lebensjahr.
Die Gefahr von Wasser wird meist unterschätzt. Ertrinkungsunfälle geschehen überwiegend im eigenen oder im Garten von Nachbarn, im Planschbecken, im Gartenteich, in der Regentonne, in einem kleinen Bach oder Graben. Meist unterschätzen Eltern die Gefahren und lassen ihre Kinder unbeaufsichtigt.
Wasser ist ein gefährliches Element, daher finde ich es wichtig, dass sowohl Eltern und Kinder die wichtigsten Baderegeln kennen und Eltern ihre Kinder beim Schwimmen beaufsichtigen und nicht permanent ihren Blick auf das Handy richten.
4. Schwimmflügel – Fluch oder Segen?
Es gibt viele verschiedene Schwimm- und Auftriebshilfen, Schwimmflügel, Schwimmreifen etc…Allerdings muss man beachten, dass es keine perfekte und sichere Schwimmhilfe gibt. Wasser ist und bleibt gefährlich, selbst wenn man schwimmen kann. Für Nichtschwimmkinder sind Schwimmflügel wichtig. Aber auch sie bieten keinen hundertprozentigen Schutz vor dem Ertrinken.
Deshalb sollten Kinder, egal in welchem Alter, nie ohne Aufsicht am und im Wasser spielen. Eine frühe Wassergewöhnung fördert das Schwimmen lernen.
Meist können Babys ab dem zehnten Monat Schwimmflügel tragen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie allein krabbeln und sitzen können. Erst dann hat der Schultergürtel ausreichend Stützfunktion und auch die Bauch- und Rückenmuskulatur helfen beim Gleichgewicht halten.
Die meisten Kinder brauchen etwas Zeit, bis sie sich an die Schwimmflügel gewöhnt haben. Am einfachsten ist es, wenn du schon zu Hause die Handhabung der Schwimmhilfen ausprobierst. Das ist entspannter für die Wasserzeit, als wenn du mit Baby im Schlepptau im Schwimmbad schwitzend das Handling ausprobierst.
Dein Kind weint beim Anprobieren oder schwimmt mit den Schwimmhilfen nicht allein? Lass‘ dich nicht entmutigen. Versuche dein Kind abzulenken und die Schwimmflügel später nochmal anzuziehen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Schwimmhilfen verändern die Körperlage des Kindes und daher kann es sein, dass dein Kind etwas Gewöhnungszeit braucht.
Um das Wassergefühl zu fördern, sollte dein Kind nicht die gesamte Zeit mit Schwimmflügeln schwimmen, sondern sich auch mit dir durch das Wasser bewegen.
5. Wasserspiele für Klein und Groß
Ich habe hier einige meiner Lieblings-Wassergewöhnungsübungen zusammengestellt, die man sowohl mit Babys als auch mit Kleinkindern machen kann. Vor allem die jüngeren Babys (drei bis fünf Monate) benötigen wenig bis gar kein Schwimmspielzeug, da sie damit noch wenig anfangen können.
– Berührungsspiele (kitzeln, anpusten): Durch das Wasser schieben oder ziehen.
– In Wellen durch das Wasser pflügen. Baby anheben und „fallen“ lassen.
– Mit den Händen auf das Wasser patschen.
– Beinstrampeln: Mit den Beinchen strampeln.
Aber auch mit älteren Kindern kann man verschiedene Wasserspiele machen. Für die Kinder ist es einfacher spielerisch und mit Freude verschiedene Wassergewöhnungsübungen zu machen, da sie sie sich so schneller ans Wasser gewöhnen.
– Hinter einem Ball her hüpfen, springen oder gehen
Durch einfache Bewegungen im Wasser lernt dein Kind mit den Wassereigenschaften wie Widerstand, Auftrieb und Temperatur umzugehen. Hüpfen, Springen oder durchs Wasser gehen sind die ersten spielerischen Elemente, um sich an das Wasser zu gewöhnen.
– Einen Ball durch das Wasser pusten
Beim Schwimmen atmet man durch den Mund. Kinder lernen durch verschiedene spielerische Übungen, den Mund dabei zu öffnen ohne Wasser zu schlucken. Für Anfänger eignet sich diese Übung: Einatmen, mit geschlossenem Mund untertauchen und die Luft ausblasen. Fortgeschritttene können zum Beispiel einen Ball oder Tischtennisball über das Wasser pusten.
– Vom Beckenrand springen
Über die Autorin
Andrea Teichmann ist Gründerin von Aqua Fun Aktiv. Andrea und ihr Team bieten Wasser-& Landkurse für Kinder, Schwangere und Familien in Mönchengladbach, Korschenbroich und Jüchen an. Vom Babyschwimmen über die Krabbelgruppe bis zur Aquagymnastik für Schwangere und Mamas sowie Schwimmkurse und Fitnesstraining auf dem Wasser ist alles dabei.
Seit über zwanzig Jahren leitet Andrea als Fachübungsleiterin für Orthopädie, Aquagymnastik für Schwangere, Aquarückbildung und Gesundheitstraining für Kinder die verschiedensten Kurse, sowohl für Land- als auch Wasserratten. Mit viel Freude gibt sie ihre Wasserbegeisterung an kleine und große Wasserratten weiter. Neben der Kursleiterseite kennt sie auch die Rettungsschwimmerseite, da sie schon lange in der DLRG als Rettungsschwimmerin ehrenamtlich arbeitet. Als vierfache Mutter versteht Andrea die Ängste und auch die Unsicherheit, die man mit einem Baby im Wasser hat. In ihrem Elternratgeber „Wasser-Wonne – Schwimmen mit kleinen und großen Babys“ verrät sie Tipps und Tricks, wie aus kleinen Wasserratten große Wasserratten werden.
Bildquellen: Arjen Mulder von Aqua Baby Deutschland und Tanja Deuß von Knusperfarben