Scheidung - was nun? - 2
Rechtsanwalt Mag. Florian Kuch über den Unterhaltsanspruch nach einer Scheidung
Gibt es auch Fälle, wo kein Unterhalt zu zahlen ist?
Kuch: Auch dieser Fall ist durchaus möglich. Das Gesetz spricht davon, dass der Unterhalt ganz oder zumindest teilweise in Geld zu leisten ist. Es ist also immer auf das wirtschaftliche Verhältnis abzustellen. Wenn der Unterhaltsverpflichtete ein so geringes Einkommen hat, dass gerade mal die Aufwendungen des täglichen Lebens abgedeckt werden können, so wird nicht viel für eine monetäre Leistung überbleiben.
Mit Unterhalt ist auch nicht bloß der Geldbetrag gemeint, sondern kann die Unterhaltsleistung auch ohne weiters eine Naturalleistung (Wohnung, Nahrungsmittel, Bekleidung, etc.) sein. Der Unterhalt ist also jener Geldbetrag oder jene Sachleistung, die für eine unterhaltsberechtigte Person aufzuwenden ist. Man darf daher den Unterhalt nicht, wie dies von Betroffenen oft verwechselt wird, mit dem Wirtschaftsgeld oder dem Taschengeld verwechseln. Zahlt der Unterhaltsverpflichtete beispielsweise die Wohnkosten, so könnten diese als Naturalunterhalt vom Unterhaltsbeitrag abgezogen werden.
Ändert sich der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung?
Mag. Kuch: Grundsätzlich nein. Zwar bleiben die Prozentsätze gleich, jedoch kann sich ein geschiedener Ehegatte nicht darauf stützen, dass er bislang nur den Haushalt geführt hat und deswegen der gleiche Unterhalt zustehen soll. Das Gesetz stellt in diesem Fall auf den Bedarf des Unterhaltsberechtigten und auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten ab.
War eine Ehefrau während der Ehe also nur im Haushalt tätig, so kann sie sich nach der Scheidung nicht auf diese Rolle beschränken, sondern wird sie einer Beschäftigung nachgehen müssen. Diese Beschäftigung muss ihr aber zumutbar sein und liegt eine Zumutbarkeit etwa dann nicht vor, solange ein vorschulpflichtiges Kind in Erziehung und Pflege steht.
Der Zumutbarkeit wird jedenfalls große Bedeutung beigemessen und ist immer eine Einzelfallentscheidung. Ein Unterhaltsanspruch steht grundsätzlich auch nur dann zu, wenn die Ehe einvernehmlich geschieden wurde und ein Unterhalt vereinbart wurde, oder aber die Ehe aus Verschulden des anderen Ehegatten geschieden ist und die Einkünfte des Schuldlosgeschiedenen zur angemessenen Lebensführung nicht ausreichen.
Wird eine Ehe aus beiderseitigem Verschulden geschieden, so besteht grundsätzlich kein Unterhaltsanspruch. Aber auch hier gibt es Ausnahmefälle, wenn nämlich einer der Ehegatten z.B. erwerbsunfähig ist. Dann könnte ihm ein Unterhaltsbeitrag zuerkannt werden, wenn dies vom Gericht für gerechtfertigt erachtet wird. Im Juristendeutsch heißt es dann, dass der Unterhalt nach den Umständen der Billigkeit gerechtfertigt ist. Dieser Unterhaltsbeitrag ist dann in der Regel herabgesetzt. Man spricht vom sogenannten bescheidenen Unterhalt, dessen Prozentsatz bei ca. 15% des Nettoeinkommens des Verpflichteten liegt.
Wie verhält es sich mit dem Kindesunterhalt? Gibt es da auch feste Prozentsätze?
Mag. Kuch: Grundsätzlich haben beide Elternteile zum Unterhalt der Kinder beizutragen. Lebt ein Kind mit einem Elternteil bzw. beiden Eltern in einem gemeinsamen Haushalt, dann hat es Anspruch auf Naturalunterhalt. Lebt ein Kind nur mit einem Elternteil, dann hat es Anspruch auf Unterhalt von demjenigen, mit dem es nicht in Haushalt lebt.
Es kann der Fall vorliegen, dass derjenige Elternteil, der die Betreuung des Kindes inne hat, über ein weit höheres Einkommen verfügt als der unterhaltspflichtige Teil. In diesem Fall kann es sogar zu einem Wegfall der Geldzahlungspflicht kommen. Aber solche Fälle sind eher selten.
Generell sind beim Kindesunterhalt 4 Kriterien maßgebend: das Alter des Kindes, dessen Bedürfnisse, das Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten und dessen allfälligen weiteren Sorgepflichten. Kennt man diese Faktoren, dann kann der Unterhaltsanspruch sehr leicht ermittelt werden, denn auch beim Kindesunterhalt wird von den Gerichten auf gewisse Prozentsätze zurückgegriffen, die jedoch in ihrer Höhe vom Alter des Kindes unterschiedlich hoch sein können.
Die Bandbreite reicht in diesen Fällen von 16% bei Kindern unter 6 Jahren bis hin zu 22% bei Kindern über 15 Jahren (bis 6 Jahre 16%, zwischen 6 und 10 Jahren 18%, zwischen 10 und 15 Jahren 20%, über 15 Jahre 22%). Dazu kommt, dass auch hier für ein weiteres Kind zwischen 1-2%, je nach Alter, also über oder unter 10 Jahre, bzw. für eine unterhaltspflichtige Ehefrau bis zu 3% vom jeweiligen Prozentsatz in Abzug zu bringen sind, um den Unterhaltsbetrag berechnen zu können.
Selbst dann, wenn dieser Betrag feststeht, kommt der „Rechenaufgabe“ ein weiteres Kriterium hinzu; nämlich der Regel- oder. Durchnittsbedarf. Hier geht es darum zu kontrollieren, ob der aus dem Prozentsatz ermittelte Betrag erheblich über dem Durchnittsbedarf liegt; also einem Betrag, der vom Gesetzgeber als ausreichend angenommen wird. Liegt nun etwa der prozentuell ermittelte Betrag weit über dem Durchnittsbedarf, so wird dies von der Gerichten bei der Ermittlung der Unterhaltsverpflichtung berücksichtigt, indem sie nicht den vollen Prozentsatz ausschöpfen, sondern meist nur den 2,5fachen Regelbedarf zusprechen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Luxus-oder Playboygrenze und meint damit, dass Kinder wohlhabender Eltern aus pädagogischen Gründen nicht einige Tausend Euro Unterhalt bekommen sollen.
Wichtig ist aber ausdrücklich zu sagen, dass es sich hierbei nur um einen Richtwert für die Praxis handelt, denn selbst der Oberste Gerichtshof hat schon in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, dass es eine allgemeine Luxusgrenze nicht gibt.
(Rechtssprechung Stand Juni 2010)
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