Scheidung - was nun? - 3

Scheidung - was nun?

Rechtsanwalt Mag. Florian Kuch über den Unterhaltsanspruch nach einer Scheidung

Was passiert, wenn der Kindesvater nur ein sehr geringes Einkommen hat?

Kuch: Generell muss man sich immer den Einzelfall genau ansehen, obwohl zwar von derselben Berechnung ausgegangen wird. Bei einem sehr geringen Einkommen kann es jedoch dazu kommen, dass eine Bestimmung aus der Exekutionsordnung (§ 391b EO) greift, wonach dem Unterhaltsverpflichteten ein gewisser Betrag zu verbleiben hat.
Wichtig ist immer auch den sogenannten Anspannungsgrundsatz im Auge zu haben, da viele Unterhaltsverpflichtete Anstrengungen unternehmen, um die Zahlen auf ihren Lohnzettel zu drücken. Ist dies der Fall, so besteht die Möglichkeit der Anspannung. Das Gericht kann dann ein fiktives Einkommen als Grundlage heranziehen, wobei dies wohlgemerkt nur für eine schuldhafte Verschlechterung der Einkommenssituation zutrifft. Es müssen also konkrete Anhaltspunkte vorliegen und diese müssen in einem Prozess auch bewiesen werden. Zu keiner Anspannung kommt es daher, wenn der Unterhaltsverpflichtete etwa wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

Jetzt kommt es aber oft vor, dass für Kinder weit höhere Beträge aufgewendet werden müssen, als Unterhalt bezogen wird. Vor allem wenn Frauen wieder ins Berufsleben einsteigen, oder einsteigen müssen, und die Kinder beispielsweise eine Kinderbetreuung benötigen. Hat man für Aufwendungen wie Privatschulen, Nachhilfe, Urlaub etc. Anspruch auf zusätzlichen Unterhalt?

Kuch: Damit sprechen Sie den Sonderbedarf an. Der Sonderbedarf soll gerade für viele dieser Ausgaben einen Ausgleich schaffen. Aber wie schon der Name sagt, dabei handelt es sich um Sonderregelungen. Die Rechtsprechung ist auch in diesen Fällen sehr einzelfallbezogen.
Ganz allgemein kann man sagen, dass der Sonderbedarf etwa Kosten für die Persönlichkeitsentwicklung und Kosten der Krankenheilung darstellt. Also Brillen, Kontaktlinsen aber auch die Zahnbehandlung fallen klassischer Weise unter diese Kategorie. Für die Schulausbildung macht die Rechtsprechung schon Einschränkungen und werden die Kosten einer Privatschule nur dann als Sonderbedarf angesehen, wenn beispielsweise in einer öffentlichen Schule kein Platz gefunden werden kann, oder aber der tägliche Weg zur die Schule wegen der Verkehrsmöglichkeiten nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Auch Nachhilfe fällt üblicherweise unter Sonderbedarf, weil die Persönlichkeitsentwicklung, damit meine ich die Chance auf einen angemessene Ausbildung des Kindes gefördert werden kann. Aber auch hier gilt, dass bereits gesagte, man muss sich den Einzelfall anschauen. Kein Sonderbedarf, und darüber sind viele Betroffene immer überrascht, sind beispielsweise die Kindergartenkosten oder aber auch Sportwochen in der Schule, Ferienlager. Nicht einmal die Studiengebühren werden als Sonderbedarf anerkannt.
Ich gebe daher meinen Klienten immer den Rat, sich nach Möglichkeit einvernehmlich zu trennen und in einem Vergleich den Unterhalt und einen allfälligen Sonderbedarf zu regeln. Dies hat in meinen Augen den Vorteil, dass die Paare zu diesem Zeitpunkt im Kind noch den kleinsten gemeinsamen Nenner finden. Jahre nach der Trennung sieht es dann schon meist ganz anders aus.
(Rechtssprechung Stand Juli 2010)zurück zum Beginn des Interviews »

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