Social Freezing - die wichtigsten Fragen

Das Einfrieren von Eizellen ist auf dem Vormarsch

Social Freezing, das Einfrieren von unbefruchteten Eizellen ohne medizinische Notwendigkeit, wird in den letzten Jahren immer beliebter. Grund genug, das Thema näher zu beleuchten.

Immer mehr Frauen verschieben ihren Kinderwunsch nach hinten; Bildquelle: detailblick-foto - fotolia.com
Immer mehr Frauen verschieben ihren Kinderwunsch nach hinten; Bildquelle: detailblick-foto – fotolia.com

Social Freezing – das Thema ist brisant: Befürworter sehen darin Selbstbestimmung und mehr Freiheit, die Gegner beurteilen die Methode als ethisches No-Go. Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung und neuen Lebensformen ist das Social Freezing in vielen Ländern auf dem Vormarsch. In Österreich ist es jedoch nur mit medizinischer Indikation erlaubt, sprich wenn aufgrund einer Krankheit oder deren Behandlung die Gefahr besteht, dass die Fortpflanzungsfähigkeit verloren geht, z.B. vor einer Chemotherapie. In Deutschland, wo Social Freezing bereits seit einigen Jahren erlaubt ist, steigen die Zahlen von Social Freezing stetig: Waren es im Jahr 2012 gerade einmal 22 Fälle, in denen Frauen ohne medizinische Indikation ihre Eizellen einfrieren ließen, waren es 2014 bereits 750 Frauen.
Da sich aber auch in Österreich der Zeitpunkt des Kinderwunsches immer weiter nach hinten verschiebt und Social Freezing auch hierzulande heiß diskutiert wird, haben wir Prof. Dr. med. Mathias Freund, ehemals Direktor der Rostocker Uniklinik für Krebs und Blutkrankheiten und Gründer der Seracell, rund um das Thema Social Freezing befragt. Er liefert Fakten zur Fruchtbarkeit, die jede Frau kennen sollte.

Was ist Social Freezing?

Prof. Dr. med. Mathias Freund; Bildquelle: obs - Seracell Pharma AG
Prof. Dr. med. Mathias Freund; Bildquelle: obs – Seracell Pharma AG

Unter Social Freezing versteht man das Einfrieren von eigenen, unbefruchteten Eizellen als individuelle Vorsorge. Diese ursprünglich für Krebspatientinnen entwickelte Methode können Frauen seit einigen Jahren in Deutschland bereits nutzen, um sich ihren Kinderwunsch auch später erfüllen zu können.

Warum werden Eizellen erst seit einigen Jahren in großer Zahl eingefroren?

Mit den bisherigen Einfrier-Verfahren konnten vor allem bereits befruchtete Zellen (Embryonen) im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung erfolgreich konserviert werden. Die Überlebensrate bei unbefruchteten Eizellen war jedoch mit diesem Verfahren wenig ermutigend. Das hat sich durch die Einführung der so genannten Vitrifizierung erheblich verändert. Dabei werden die Zellen blitzartig eingefroren. So können jetzt auch bei unbefruchteten Eizellen hervorragende Ergebnisse erreicht werden. Die American Society for Reproductive Medicine hat die Vitrifizierung bereits 2012 offiziell als Regelverfahren anerkannt. In Europa wird dies von den Fachgesellschaften ebenso beurteilt.

Wann nimmt die Fruchtbarkeit einer Frau ab?

Viele nehmen fälschlicherweise an, dass die Fruchtbarkeit einer Frau erst ab 40 abnimmt. Dabei ist dies bereits ab dem 20. Lebensjahr der Fall, jedoch zunächst in kleinen Schritten. Ein drastischer Rückgang der Fruchtbarkeit lässt sich ab Mitte 30 feststellen.
Während eine Frau mit 20 Jahren noch eine Eizell-Reserve von 35% hat, ist diese mit 30 Jahren bereits auf 10% abgefallen und erreicht mit 40 Jahren 2%.

Kann man mit Social Freezing die „Biologische Uhr“ anhalten?

Mit dem Alter nimmt die Fähigkeit der Eizellen zur Befruchtung ab und das Risiko für genetische Schäden nimmt zu. Grundsätzlich gilt: Je jünger eine Eizelle ist, desto intakter und unbelasteter ist sie – man könnte auch sagen, gesünder. Bei der Eizellentnahme und der anschließenden Vitrifikation werden die Eizellen in ihrem aktuellen Entwicklungsstand konserviert. Das bedeutet, dass die Eizellen, solange sie sich im Rahmen des Social Freezing in diesem gefrorenen Zustand befinden, nicht altern. Daher ist es ratsam, die Eizellen frühzeitig, auf jeden Fall aber mit unter 35 Jahren zu entnehmen.

Garantiert das vorsorgliche Einlagern von Eizellen eine spätere Schwangerschaft?

Das Einlagern von Eizellen bietet eine Möglichkeit für den Erhalt der Fruchtbarkeit einer Frau über einen längeren Zeitraum. Diverse Studien haben gezeigt, dass die Überlebensrate von vitrifiziert eingefrorenen Eizellen bei über 80 % liegt. Die Erfolgsrate für die Befruchtung von konservierten Eizellen im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung ist ähnlich hoch wie für frisch entnommene Eizellen. Auch die Einnistungs- und Schwangerschaftsraten sind vergleichbar. Eine erfolgreiche Befruchtung und anschließende Schwangerschaft kann man aber trotzdem nie garantieren, da das Einnisten und die Entwicklung eines Embryos von sehr vielen Faktoren abhängen. Social Freezing kann jedoch die Erfolgsaussichten auf eine Schwangerschaft, je nach Zeitpunkt der Entnahme, enorm erhöhen.

In Österreich ist Social Freezing nicht erlaubt. Wird sich das in Zukunft ändern?

Fragen der Kinderwunschmedizin sind in Österreich im Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt. Das Gesetz  ist erst kürzlich novelliert worden und im Januar 2016 in Kraft getreten. Der Novellierung ist ein sehr langwieriger Prozess mit Klagen vor dem Europäischen Menschengerichtshof und dem Österreichischen Verfassungsgerichtshof vorausgegangen.

Nach der aktuellen Gesetzeslage ist eine Konservierung von Eizellen nur bei medizinischer Indikation erlaubt (siehe § 2b)

In ihrer Stellungnahme vom 28.11.2015 zum Entwurf des Fortpflanzungsmedizingesetzes hat die Bioethikkommission beim Österreichischen Bundeskanzleramt die Frage des Social Freezing kurz angerissen (Punkt 5 der Stellungnahme). Es fällt auf, dass die Beurteilung dieser Frage sehr vorsichtig und zurückhaltend formuliert ist. Es wird auch angedeutet, dass eine gewisse Diskrepanz darin besteht, dass Eizellspende durch das Gesetz in Österreich erlaubt, Social Freezing jedoch verboten ist.

Meiner Meinung nach ist die Diskussion zum Social Freezing in Österreich mit dem jetzt in Kraft getretenen Fortpflanzungsmedizingesetz auf keinen Fall beendet, im Gegenteil, ich glaube, sie wird an Intensität gewinnen. Dies deutet sich unter anderem durch die Stellungnahme der Bioethikkommission an. Ob und wann Social Freezing auch in Österreich erlaubt sein wird, das liegt allein in der Hand des Gesetzgebers. Er wird als demokratische Institution die gesellschaftliche Diskussion sicherlich aufmerksam verfolgen.

Mehr Informationen über Social Freezing bei Seracell

Titelbild: ©yo-ichi/Depositphotos

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