Bewerbungs-Tipps: Bewerbung auf Vollzeitjob mit Teilzeitwunsch?
Du bist auf der Suche nach einem Teilzeitjob und findest nur Vollzeitangebote? Macht eine Bewerbung auf eine Vollzeit-Stelle Sinn, wenn du Teilzeit arbeiten willst?
Du suchst schon länger einen Teilzeitjob und findest in den Jobbörsen fast nur Vollzeitinserate, die für dich passen würden? Was tun? Trotzdem bewerben oder ist das verlorene Liebesmüh? Und wenn ja, wann sollte man den Teilzeitwunsch ins Spiel bringen? Vorab telefonisch nachfragen, im Anschreiben oder erst im Gespräch? Sollte man den Grund für den Teilzeitwunsch wie z.B. Betreuungspflichten der Kinder angeben? WIe formuliert man am besten den Teilzeitwunsch? Und wie verkauft man sich gut als Teilzeitkraft?
Wir haben Expertinnen auf diesem Gebiet dazu befragt: Mag. Ute Muellbacher von Muellbacher Personalberatung, Mag. Ingrid Hödl von Hödl Consulting, Nicole Nützel von herway2success und Susanne Huber-Schwarz aka die Bewerbungsfee.
Sollte man sich auf einen Vollzeitjob bewerben, wenn man eigentlich nur Teilzeit arbeiten möchte?
Ingrid Hödl: Selbstverständlich ist es möglich, seine Bewerbungsunterlagen auf einen ausgeschriebenen Vollzeit-Job zu übermitteln, wenn man aktuell auf der Suche nach einer Teilzeitanstellung ist.
Gerade wenn ein Personalberatungsunternehmen als Ansprechpartner angegeben ist, könnten sich daraus auch andere Job-Möglichkeiten ergeben.
Nicole Nützel: Für mich lautet die Frage eher „Kann man sich auf einen Vollzeitjob auch nur in Teilzeit bewerben?“. Und ja, das kann man definitiv, wenn man ein paar Rahmenbedingungen beachtet. Zum einen gibt es völlig verschiedene Vorstellungen vom Begriff Teilzeit. In der Industrie, wo beispielsweise eine 35-Stunden-Woche üblich ist, ist es gar nicht ungewöhnlich, dass Menschen auch in einer 4-Tage-Woche, und somit mit „nur“ 28 Stunden arbeiten.
Dafür entscheiden sich übrigens nicht nur Mütter. Auch viele junge Menschen legen sehr viel Wert darauf, ihrer Freizeit einen passenden Raum zu geben. Für jemanden, der immer 40 Stunden in der Woche gearbeitet hat, klingen 28 Stunden für einen Vollzeitjob wahrscheinlich wie nicht machbar. In der Industrie, wie beispielsweise in der Automobilbranche ist das hingegen gängige Praxis.
Möchte man also in Teilzeit auf eine Vollzeitstelle kommen, muss man sich auch immer darüber im Klaren sein, wo dies möglich ist. Und da gibt es durchaus verschiedene Möglichkeiten.
Wovon ich allerdings abrate, einfach weil es sich nicht umsetzen lassen würde: Bewerber*innen sollten Abstand davon nehmen, sich auf eine Stelle zu bewerben, die auf 40 Stunden mit Führungsverantwortung ausgelegt ist, wenn sie nur um die 15 Stunden in Teilzeit arbeiten möchten.
Da muss man einfach auch zu sich selbst ehrlich sein und sich eingestehen, dass diese beiden Modelle nicht zusammenpassen. Sich auf eine Vollzeitstelle zu bewerben, die man an 4 Tagen in der Woche voll ausfüllen wird, ist hingegen durchaus möglich. Auch andere Zeitmodelle für die Aufteilung der Stunden sind natürlich denkbar.
Am geschicktesten ist es für Bewerber*innen, wenn sie bereits Lösungsvorschläge aufzeigen können, wie sie ihren Job auch in Teilzeit vollumfänglich ausfüllen und bewältigen können. Hier ist natürlich auch die Erfahrung und eine gewisse Selbsteinschätzung der Bewerber*innen von Nöten. Aber sobald man dem Gegenüber glaubhaft vermitteln kann, dass man einer Herausforderung gewachsen ist und genau weiß, wie man das bewerkstelligt, ist der wichtigste Schritt bereits gemacht.
Ute Muellbacher: In der Regel bringt dieser Versuch nicht viel; auf der Suche nach passenden KandidatInnen für eine bestimmte Stelle werden die zeitlichen Rahmenbedingungen in der Stellenausschreibung sehr genau beschrieben, da man doch sehr effizient die richtige Zielgruppe mit deren zeitlichen Möglichkeiten und Wünschen ansprechen möchte.
Wenn man allerdings nach absehbarer Zeit auf Vollzeit aufzustocken gedenkt und es kurzfristig aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, zahlt es sich aus, dies im Motivationsschreiben klar ersichtlich anzuführen.
Vielleicht gibt es ja bei dem einen oder anderen Job eine Einschleifmöglichkeit.
Wann ist der beste Zeitpunkt, den Teilzeitwunsch anzuführen?
Nicole Nützel: Der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass man eigentlich „nur“ in Teilzeit arbeiten kann, wenn man sich auf eine Vollzeitstelle beworben hat, ist, wenn man bereits im Vorstellungsgespräch sitzt. Denn dann fühlt sich der potentielle Arbeitgeber hinters Licht geführt.
Es lohnt sich immer, von Anfang an mit offenen Karten zu spielen. Deshalb empfehle ich, diesen Aspekt geschickt ins Anschreiben einfließen zu lassen. Natürlich kann man auch vorab bei der Personalerin oder dem Personaler anrufen und sich erkundigen. Allerdings birgt das die Gefahr, dass man bereits vorher ausgesiebt wird, ohne dass man in seinen Bewerbungsunterlagen aufzeigen konnte, warum man auch in Teilzeit für diesen Vollzeitjob genau die richtige Besetzung ist.
In der Regel schauen Personaler*innen zuerst auf den Lebenslauf. Wenn man hier bereits überzeugt und dann auch noch im Anschreiben glaubhaft darlegen kann, dass man den Herausforderungen auch in Teilzeit gewachsen ist, hat man sehr gute Chancen, den Job zu bekommen.
Ingrid Hödl: Wichtig ist, den Teilzeitwunsch so früh als möglich anzubringen (bereits im Anschreiben) – idealerweise auch mit Angabe des maximal möglichen Stundenausmaß.
Von einer Bekanntgabe des Teilzeit-Wunschs erst im Vorstellungsgespräch kann man nur dringend abraten, da das in den meisten Fällen keinen positiven Eindruck bei den Gesprächspartnern hinterlassen wird.
Nicht immer lässt sich der Grund für eine Teilzeit-Anstellung aus dem Lebenslauf ableiten, daher ist eine kurze Erklärung, warum man (vielleicht auch nur für eine bestimmte Zeitspanne) nicht Vollzeit arbeiten kann/möchte, ebenfalls interessant (z.B. berufsbegleitende Ausbildung, Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen, zusätzliche selbstständige Tätigkeit, …)
Ute Muellbacher: Sich vorab telefonisch zu erkundigen, ob es eine Teilzeit-Option gibt, wäre eine sinnvolle Variante; wichtig ist es aber, dabei nicht leere Kilometer zu machen und eine Menge unvermeidliche und frustrierende Absagen zu bekommen. Das zehrt am Selbstvertrauen und an der Energie für die weitere Jobsuche und ist kontraproduktiv.
Besser ist es, sich auf entsprechende Teilzeit-Jobausschreibungen zu fokussieren oder z.B. initiativ bei Wunsch-Unternehmen zu bewerben, von denen man in Erfahrung bringen konnte, dass grundsätzlich Teilzeit-Jobs angeboten werden. Leider gibt es in vielen qualifizierten Berufsfeldern nicht ausreichend Angebote.
Klar abzuraten ist davon, den Teilzeit-Wunsch erst im Bewerbungsgespräch zu äußern. Das kann doch sehr ärgerlich aufgenommen werden, da die Basis für ernsthafte Gespräche damit eigentlich nicht gegeben ist.
Einfach im Vorfeld telefonisch abklären, wenn die Info aus dem Inserat nicht klar hervorgehen sollte. Den Grund für einen Teilzeit-Wunsch wie auch die zeitlichen Ressourcen für die nähere Zukunft anzugeben, dient der Klarheit deiner Motivation und ist ein absoluter Pluspunkt im Prozess.
Wie formuliere ich am geschicktesten meinen Teilzeitwunsch im Anschreiben?
Susanne Huber-Schwarz: Damit das Gegenüber den Wunsch versteht, rate ich dazu, zunächst kurz die eigene Ist-Situation zu umreißen und dann auf seine Absicht einzugehen – dann wird der Plan, den man sich zurechtgelegt hat, besser nachvollziehbar. Als Kurzvariante kann das so klingen: „Ich bin [Berufsbezeichnung], aktuell jedoch in Karenz und möchte mich wegen meiner neuen Familiensituation beruflich verändern, bevorzugt mit einer Teilzeitstelle im Ausmaß von 20 Wochenstunden.“
Ein kluger Schachzug ist, durchklingen zu lassen, dass man, wenn das Kind oder die Kinder älter sind und mehr fremdbetreut werden können, gerne länger als die geplanten 20 Stunden arbeiten würde. Dann könnte die Bewerberin schreiben: „Ich möchte mich beruflich verändern und suche eine Teilzeitstelle als [Berufsbezeichnung] mit Möglichkeiten zur Ausweitung des Beschäftigungsausmaßes im Laufe der nächsten Jahre.“
Nicole Nützel: Wichtig ist hier zu allererst, dass man möglichst konkret ausformuliert, was man zu bieten hat. Teilzeit kann Vieles bedeuten. Deshalb sollte man immer auf eine konkrete Stundenanzahl Bezug nehmen.
Allerdings muss man mit der Tür auch nicht ins Haus fallen. Zunächst ist es wichtig, dass man im Anschreiben davon überzeugt, dass man den Job kann. Hat man das geschafft, nimmt man die Hürde „Teilzeit“ viel leichter.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich, seinen Teilzeitwunsch erst im hinteren Teil des Anschreibens zu kommunizieren. Argumente, die für eine Anstellung in Teilzeit sprechen, erhöhen den Erfolg der Bewerbung maßgeblich. Führt man diese in Kombination mit Problemlösungen auf, ist das bereits die halbe Miete.
Soll ich das Alter meiner Kinder anführen?
Nicole Nützel: Man kann das Alter seiner Kinder durchaus in seiner Bewerbung mit anführen. Allerdings würde ich das nicht zwangläufig in Verbindung mit einer Bewerbung auf eine Vollzeitstelle in Teilzeit bringen. Denn hier geht es darum, zu vermitteln, wer man ist und seine Geschichte zu erzählen.
Das Alter der Kinder darf aber keine Rolle im Einstellungsprozess spielen, wenn es darum geht, sich für eine Bewerberin oder einen Bewerber zu entscheiden. Auch finde ich den Hintergedanken dabei nicht gut, der unterschwellig mitschwingt. Ob ein Unternehmen eine Vollzeitstelle in Teilzeit vergibt, darf nicht davon abhängig sein, ob Bewerber*innen Kinder haben oder nicht.
Unter Gesichtspunkten wie Gleichbehandlung und Antidiskriminierung darf das keine Rolle spielen. Bei dem Bewerber, der den Vollzeitjob unbedingt in Teilzeit haben möchte, könnte es sich ja auch um einen jungen Mann handeln, der eine pflegebedürftige Mutter hat. Warum sollte ihm dieser Job weniger zustehen?
Meine Antwort auf diese Frage ist also sehr eindeutig. Das Alter seiner Kinder kann man sehr gut in seiner Bewerbung anführen, um seine Geschichte zu erzählen. Stichwort: Storytelling. Aber man sollte es nicht unter dem Gesichtspunkt tun, weil man sich deshalb erhofft, eher für eine Stelle in Frage zu kommen.
Susanne Huber-Schwarz: Leider hat sich in vielen Unternehmen und Personalabteilungen immer noch nicht die Überzeugung durchgesetzt, dass eine Frau, die eine Arbeitsstelle sucht, gleichzeitig die Betreuung der Kinder gewährleistet.
Vielleicht richtet man sich in der Frage, ob das Alter der Kinder angegeben werden soll, nach Branche oder Außenauftritt des Unternehmens. Was in großen oder konservativ geführten Betrieben immer noch skeptisch gesehen wird, ist im Sozialwesen oder in Start-ups überhaupt kein Problem: Bewerberinnen mit Kindern sind herzlich willkommen!
Wenn ich selbst noch einmal in der Situation wäre, mich als Frau mit Kleinkind zu bewerben, würde ich das Geburtsjahr angeben. Man darf als Frau bitte auch selbstbewusster und im Sinne des eigenen Wohlbefindens denken: In einem Unternehmen, das mich als junge Mutter ablehnt, möchte ich gar nicht arbeiten. Ein Tipp für das Formulieren im Lebenslauf: nicht das Alter der Kinder angeben, sondern das Geburtsjahr. Ist der Lebenslauf wieder ein Jahr älter, vergisst man gerne darauf, solche Details auszubessern.
Viele Arbeitgeber haben Bedenken gegenüber Teilzeitkräften. Wie kann ich den Arbeitgeber bereits im Anschreiben von den Vorteilen der Teilzeit überzeugen?
Nicole Nützel: An dieser Stelle wiederhole ich gern, was ich bereits zu Beginn erwähnt habe. Wenn Bewerber*innen anhand von Beispielen und Lösungsvorschlägen konkret aufzeigen können, dass sie dieser Herausforderung gewachsen sind, stehen die Chancen durchaus gut. Ehrlichkeit ist hier natürlich oberstes Gebot.
Bewerber*innen sollten nur Versprechungen machen, die sie auch halten können. Sonst sind zum Schluss beide Seiten enttäuscht. Schaffen es Bewerber*innen überzeugend, den Arbeitsalltag so zu gestalten, dass sie alle Aufgaben effizient erledigen können, ist es viel leichter, einem potentiellen Arbeitgeber die entsprechende Kompetenz zu vermitteln. Kreativität und Lösungsdenken sind hier also die beiden Zauberwörter.
Susanne Huber-Schwarz: Auch hier gilt: Es ist unglaublich, wie sehr man sich als Frau immer wieder erklären muss! Allerdings: Ein Blick in die Liste der Kompetenzen schafft auch in dieser Frage Abhilfe.
Gängig sind Begriffe wie „Organisationstalent“, „Flexibilität“ oder „Belastbarkeit“ – das schreibt jede, also weg damit. Besser sind Powerwörter wie „Veränderungskompetenz“, „Selbstmanagement“, „Überblick haben“, „Entscheidungsfähigkeit“, „Zeitmanagement“ oder „Arbeitseffizienz“. Gleichzeitig kann man erklären, dass man diese Kompetenzen als junge Mutter vertieft hat.
Eine Familienmanagerin trifft etliche Entscheidungen am Tag, muss oft kurzfristig handeln können und vorausschauend denken. Dass man daran gewöhnt ist, häufig richtig aufs Gas zu drücken, kommt einem als Bewerberin mit Familie zugute. Teilzeitkräfte schaffen in der kürzeren Zeit, die ihnen am Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ganz schön was weg – das sollte der Arbeitgeber eigentlich wissen.
Wie „verkaufe“ ich mich gut als Teilzeitkraft?
Susanne Huber-Schwarz: Danke für die Frage. Das ist mir ein ganz großes Anliegen: Wir Frauen müssen endlich damit aufhören, uns klein zu machen! Während Männer in ihren Bewerbungsunterlagen von „Erfolgen“ oder „Verantwortung“ schreiben, findet man in den Unterlagen von Frauen davon rein gar nichts.
Frauen fahren in ihrem Berufsleben genauso viele Erfolge ein oder tragen große Verantwortung, verstecken sich aber hinter reinen Tätigkeitsbeschreibungen wie „administrative und organisatorische Aufgaben“, „Korrespondenz“ oder „Buchhaltung“.
Was haben sie jedoch mit ihrer zuverlässigen Arbeit bisher erreicht? Sie haben zum Beispiel den Dialog mit Kundinnen und Kunden aufrecht erhalten („Korrespondenz“), haben dafür gesorgt, dass sie wieder kaufen oder haben darauf geachtet, dass regelmäßig Geld in die Kasse gespült wurde („Buchhaltung“, „Fakturierung“, „Mahnwesen“). Für mich sind das ebenso „Erfolge“ und „Verantwortungen“, also verwenden wir bitte auch diese Begriffe. Mit diesen Wörtern machen wir sichtbar, was wir Frauen leisten, also unbedingt rein damit in den Lebenslauf oder in das Anschreiben!
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