Gendern in Texten: Ja, aber richtig!

Was solltest du beim Gendern in Texten beachten

Die Frage: „Gendern – ja oder nein?“ hat man letztes Jahr zahlreich in Social Media gefunden und ich habe es auch immer wieder mit Kolleg:innen diskutiert. Aber jetzt habe ich das Gefühl, das Thema ist nun endlich überall angekommen. Die Frage „Gendern – ja oder nein?“ stellt sich nicht mehr, sondern wird von immer mehr Personen eindeutig mit „Ja“ beantwortet.

Dass unsere Sprache gendergerechter werden soll, ist bei den meisten mittlerweile angekommen. Die Zustimmung für das Gendern von Texten steigt stetig. Und das ist ja schon mal ein wichtiger Schritt. In diesem Beitrag gehen wir darauf ein, wie du deine Texte (sei es für deine Website, Social Media oder Newsletter-Beiträge) gendergerecht formulierst und diese trotzdem lesbar bleiben.

Warum ist Gendern in Texten wichtig?

Bei der Sprache ist es so wie mit vielen Dingen im Leben: Was nicht sichtbar ist, findet nicht statt…wie auch schon Tijen Onaran ihr Buch titelte. Wenn in einem Text wiederholt nur von Professoren, Wissenschaftlern und Ärzten die Rede ist, bildet sich im Kopf des Lesenden der Eindruck, dass tatsächlich nur die männliche Variante dieser Berufe etwas zu sagen hat.

Das ist natürlich nicht förderlich im Sinne der Gleichstellung und Emanzipation und fußt auf einer alten Ideologie, die unter dem Stichwort „male as norm“ (das Männliche als Norm) zusammengefasst wird.

Gegner der geschlechtergerechten Sprache argumentieren oft, dass Sprache nichts mit Diskriminierung und Förderung von Emanzipation zu tun hat, da sich die grundlegenden Probleme dadurch auch nicht ändern lassen. Ich bin hier anderer Meinung, denn Texte sollen (wenn sie gut geschrieben sind) Bilder im Kopf entstehen lassen…und wenn diese Bilder dann immer männlich besetzt sind, ist das kontraproduktiv.

Es geht um das Aufzeigen und Aufmerksammachen. Und das gelingt mit geschlechtergerechter Schreibweise definitiv. Allerdings solltest du beachten, dass dein Text durch das Gendern nicht komplett unlesbar werden.

Wie setze ich gendergerechte Sprache in meinen Texten um?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, deine Texte geschlechtergerecht zu gestalten. Die gängigsten möchte ich dir hier vorstellen:

Paarform

Das ist der Klassiker und wird schon sehr lange verwendet. Sehr oft wird diese Form bei Vorträgen und Reden eingesetzt.

Beispiele: Ärzte und Ärztinnen, Schülerinnen und Schüler

Wer kennt nicht den Beginn der Bundespräsidenten-Rede: Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die hier leben…In Texten ist die Paarform nicht ganz so beliebt, weil die Wortwiederholungen als störend empfunden werden.

Der Schrägstrich und Bindestrich

Diese Version ist eine häufig verwendete, verkürzte Variante der Paarform und ist rechtschreibkonform, wenn vor dem Schrägstrich ein vollständiges Wort steht. Die Schreibweise gehört aber nicht zu meinen Favorites, da ich die Lesbarkeit in dieser Schreibform unterirdisch finde, vor allem wenn sich viele davon aneinanderreihen.

Beispiele: Ein/e Schüler/-in sollte seinem/seiner/ihrem/ihrer Lehrer/-in im Unterrricht aufmerksam folgen.

Außerdem gibt es einige Fälle, in denen sich diese Schreibweise nicht einsetzen lässt. Da wäre zum Beispiel die Variante, in denen die weibliche Variante mit Umlaut gebildet wird (Arzt/Ärztin). Auch wenn Bestandteile der männlichen Variante beim Bilden der weiblichen Form weggelassen werden (Beamter/Beamtin, Kollege/Kollegin), kann diese Schreibweise nicht eingesetzt werden.

Das Binnen-I

Diese Schreibweise ist in den Anfängen des Gendern in den 80er Jahren aufgekommen.

Beispiele: die MitarbeiterInnen, die BesucherInnen

Ich bin kein Fan des Binnen-I. Die Anwendung finde ich kompliziert, insbesondere im Singular wird es unübersichtlich, da auch der Artikel gegendert werden muss. Außerdem besteht eine große Verwechslungsgefahr von I (Großbuchstabe von i) und l (Kleinbuchstabe von L). Das Binnen-I ist nicht in der deutschen Rechtschreibung angeführt, damit also nicht rechtschreibkonform.

Gender-Gap mit Sonderzeichen * oder _ oder :

Diese Varianten haben sich in den letzten Jahren zunehmend etabliert.

Beispiele: Lehrer*innen, Mitarbeiter:innen, Student_innen

Mit diesen Sonderzeichen lässt sich eine gute Lesbarkeit erreichen, außerdem schließen diese Schreibweisen alle Geschlechter (nicht nur männlich und weiblich) mit ein. Ich gendere im Moment mit : und stelle fest, dass diese Schreibweise momentan beliebt ist. Aber wie in vielen Bereichen des Lebens kann sich das auch schnell wieder ändern und sich andere Schreibweisen durchsetzen. Allerdings ist der Gender-Gap (so wie auch das Binnen-I) nicht rechtschreib- oder SEO-konform. Beim Unterstrich gibt es zusätzlich ein Lesbarkeits-Problem, wenn du zum Beispiel das Wort unterstreichen möchtest. Dann ist der Unterstrich nämlich nicht mehr sichtbar (siehe unten beim Instagram-Account von diversity_texterin. Daduch dass ich ihn verlinkt habe, wird das Wort unterstrichen und der Unterstrich ist nicht mehr gut sichtbar)

Neutrale Umformulierungen

Das ist zwar nicht wirklich gendern, da durch geschlechtsneutrale Formulierungen der Effekt verlorengeht, dass man dezidiert auf das Thema Gendergerechtigkeit aufmerksam machen möchte.

Dennoch ist diese Variante für mich sehr wichtig. Ich verwende sie in meinen Texten gerne abwechselnd zum Gender-Gap. Es lockert den Text einfach auf und erhöht die Lesbarkeit enorm. Wie du neutral formulieren kannst, erfährst du hier:

Geschlechtsneutrale Formulierungen: Lehrkräfte statt Lehrer, Studierende statt Studenten, Jugendliche statt Schüler, Mitarbeitende oder Belegschaft statt Mitarbeiter. Achtung: diese Formen funktionieren nur im Plural.

Direkte Formulierungen: „Treten Sie bitte einzeln ein“ statt „Besucher werden gebeten einzeln einzutreten“, „Nach dem Seminar bitten wir Sie um ein Feedback“ statt „Die Teilnehmer werden um ein Feedback gebeten“.

Umschreiben mit Relativsätzen: „Alle, die am Seminar teilnahmen“ statt „Alle Teilnehmer“. Beliebte Pronomen sind hier: jene, alle, wer, diejenigen…

Komplett umformulieren: „Wer am Seminar teilgenommen hat, erhält ein Zertifikat“ statt „Teilnehmer erhalten ein Zertifikat“. Das komplette Umformulieren bevorzuge ich eindeutig, bedarf aber etwas mehr Kreativität.

Generell gilt auch beim Gendern in Texten: Übung macht den:die Meister:in. Je öfter du es anwendest, desto leichter fallen dir auch Umformulierungen ein. Irgendwann geht es ganz leicht von der Hand. Bleib dran!

Hilfreiche Tools zum Gendern in Texten

Obwohl ich mich täglich mit Texten beschäftige, vergesse ich auch hin und wieder zu gendern. Oder mir fällt trotz heftigem Grübeln keine gute Umformulierung ein. Für diese Fälle habe ich drei tolle Tipps für dich:

  1. Das Handbuch geschlechtergerechte Sprache von Gabriele Diewald und Anja Steinhauer, erschienen im Dudenverlag: hier erhältst du umfangreiches Wissen und Tipps zum sprachlichen Gendern. Das Buch beinhaltet neben grundsätzlichen Infos auch zahlreiche Textbeispiele für verschiedenste Textsorten.
  2. Das gender app Add-in für Word: hier kannst du deinen Text nach dem Schreiben noch mal checken lassen und erhältst auch Vorschläge für neutrale Formulierungen oder gendergerechte Schreibweise. Dieses Add-in taugt mir wirklich sehr.
  3. Eine große Inspirationsquelle ist auch der Instagram-Account von @diversity_texterin. Hier findest du neben fundiertem Wissen rund ums Gendern auch immer wertvolle Text-Tipps.

Bild: ©Karin Ahamer Photography

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