Selbstzweifel beim Wiedereinstieg

Selbstzweifel beim Wiedereinstieg sind normal.

Sind Selbstzweifel beim Wiedereinstieg normal? Und geht das wieder weg?

Woher kommen meine Selbstzweifel beim Wiedereinstieg?
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Die Elternzeit endet und der Wiedereinstieg steht bevor. Es sind meist gemischte Gefühle, die präsent sind. Einerseits Freude, den Lebensbereich Beruf wieder zu aktivieren. Andererseits Ängste, wie es wohl dem Kind geht, wenn es nicht bei mir ist. Auch Sorgen, ob das wohl alles so der richtige Weg ist. Ist mein Kind noch zu jung? Bin ich schon bereit wieder arbeiten zu gehen? Können wir als Familie standhalten? Kann ich überhaupt noch meine beruflichen Aufgaben bewältigen?

In den letzten Monaten oder Jahren haben uns folgende Themen beschäftigt: „wo gibt es besten Kinderflohmarkt? welche Spielplatz ist besonders schön oder wie gehe ich mit meinem Kind um, wenn es in der Trotzphase ist?“. Jetzt kommen andere Themen.

Wir Mütter sind gedanklich oft völlig raus, was berufliche Themen angeht. Auch wenn wir Kontakt gehalten haben zum Arbeitgeber. Wir haben über Monate bestimmte Programme nicht bedient, haben zig Meeting verpasst und wissen gar nicht so genau, was gerade ansteht.

Woher kommen die Selbstzweifel?

Früher waren wir diese selbstbewussten Frauen. Die sich alles angeeignet haben, um einen guten Job zu machen. Und heute? Heute sind da Selbstzweifel:

  • Kann ich meine Aufgaben und Tätigkeiten noch?
  • Weiß ich noch, was zu tun ist?
  • Wie aufnahmebereit bin ich?
  • Jünger bin ich ja auch nicht geworden. Ob das mit dem Lernen des neuen Systems wirklich klappt?
  • Ich bin nicht mehr Up-to-Date und die Unternehmensleitung erwartet bestimmt, dass ich einfach wieder meinen Job mache. Kann ich das noch?
  • Kann ich konzentriert arbeiten, wenn ich mal wieder eine schlaflose Nacht mit meinem Kind hatte?
  • Kann ich meine beruflichen Aufgaben überhaupt in Teilzeit schaffen?
  • Ist Teilzeit wirklich fair meinen Kollegen gegenüber? Oder müssen die dann die andere Zeit meine Aufgaben machen?
  • Will ich das wirklich?

Selbstzweifel bestehen aus der Angst, mit etwas nicht fertig zu werden und/oder dem Glauben, mit einer bestimmten Sache nicht fertig zu werden. Dahinter stehen die Themen Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl.

Die Rückkehr in den Beruf ist meist schwerer als gedacht. Das berufliche Selbstbewusstsein fehlt. Je länger die Babypause war, desto größer sind die Selbstzweifel. Wir definieren uns vor der Schwangerschaft über unseren Beruf. Unser Selbstverständnis und auch die Lebenswerte verändern sich durch das Elternwerden. Wenn wir zurück in den Job gehen, müssen wir uns neu beruflich definieren. Was nicht selten zu einem Jobwechsel bzw. Arbeitgeberwechsel führt.

Kann ich nicht einfach Up-to-Date bleiben?

Natürlich hilft es, sich zu informieren. Sich mit beruflichen Themen vor dem Wiedereinstieg zu beschäftigen. Und bei der Wiederkehr Kollegen um Hilfe zu bitten. Den Wiedereinstieg als beruflichen Neubeginn zu betrachten und sich sozusagen einarbeiten zu lassen. Aber ändert das etwas an unserem Gefühl? Nein. Das sind Dinge im Außen. Die gut sind. Die uns auch helfen. Aber es wirft die Selbstzweifel nicht über Bord.

Was kann ich also tun, wenn Selbstzweifel mich hemmen?

Erstmal: akzeptiere sie. Selbstzweifel sind da? Ignoriere diese nicht. Alles was wir wegdrücken, vergraben wir. Es löst sich nicht auf. Jeder Mensch hat Selbstzweifel. Ja, auch der selbstbewusste Top-Manager aus dem letzten Zeitungsartikel. Die Frage ist nicht, ob ein Mensch Selbstzweifel hat oder nicht, sondern wie du mit deinen Zweifeln umgehst.
Zweifel rührt aus dem Gefühl der Angst. Ängste müssen gefühlt und gelebt werden, bevor wir dieses Gefühl loslassen können. Akzeptiere deine Selbstzweifel. Benenne diese und sprich mit einer vertrauten Person darüber. Alles einmal raus zu lassen, ist wie eine Selbsttherapie. Vorsicht: verliere dich nicht im Jammern. Steigere dich nicht rein. Lasse nur, das was da ist, raus.
Finde deine Ressourcen!
Kompetenzen verschwinden nicht einfach, nur weil diese im beruflichen Kontext einige Monate nicht abgerufen wurden. Überlege dir, worin du richtig gut warst. Was hat dir Freude bereitet? Wofür wurdest du von Kollegen gelobt? Welche Tätigkeiten hast du immer sofort übernommen? Visualisiere am besten all deine Stärken, Ressourcen und Fähigkeiten. Und ignoriere an dieser Stelle, was du alles nicht kannst und was du denkst für Schwächen zu haben. Der Fokus liegt viel zu oft auf dem, was wir nicht können. Relevant ist doch erstmal, was du kannst.
Du hast dich in der Elternzeit weiterentwickelt!
Bitte betrachte deine Elternzeit nicht als Knick im Lebenslauf oder als Pause. Du hast gelebt. Du hast erlebt. Du hast dazu gelernt. Und deine Persönlichkeit hat sich entwickelt. „Mutter werden“ ist ein Prozess. Wir lernen uns hier nochmal neu kennen. Kinder zu haben und auf dieser Welt zu begleiten ist Persönlichkeitsentwicklung pur. Sie spiegeln uns, geben uns ungefragt Feedback. Du hast dich im Bereich Social Skills so viel mehr weiterentwickelt als du es in irgendeinem Seminar hättest tun können. Das Leben hat dich geschult.

Wie steigere ich mein Selbstvertrauen?

Hierfür gibt es kein Rezept – wie immer. Und auch nichts, was von heute auf morgen funktioniert. Selbstvertrauen ist eine Pflanze. Diese muss gesät, gegossen und gepflegt werden. Beobachte, was du über dich denkst. Wie sprichst du mit dir selbst? Würdest du diese Art der Sprache auch akzeptieren, wenn eine Freundin so mit dir spricht? Verurteilst du dich für Fehler oder kannst du Fehler als Erfahrung und Lernprozess sehen? Übernimm die Verantwortung für die Stimme in deinem Kopf. Du bist die Regisseurin. Fange an mit dieser Stimme zu spielen. Anstatt „Das schaffe ich nicht.“ formuliere um zu „Ich kann es schaffen“, „Ich schaffe das!“ oder „Es besteht die Möglichkeit, dass ich es schaffe.“. In diesen verschiedenen Formulierungen stecken unterschiedliche Aussagen bzw. Ausprägungen. Gehe mit der Formulierung, der du glauben kannst. Es bringt nichts, dir etwas einzureden, was dir völlig fern scheint.

Dein Selbstvertrauen stärkst du auch, indem du deine Stärken siehst. Welche Erfolge kannst du verzeichnen? Worin bist du gut? Was fällt dir leicht? Welche Kompetenzen machen dich besonders? Setze deinen Fokus auf das, was du gut kannst und dir Spaß macht. Wir geben viele Gedanken daran, worin wir besser werden müssten. Um das Selbstvertrauen zu steigern, setze deinen Fokus auf positive Dinge. Wenn du deine Stärken stärkst, wirst du strahlen.

Ein unbehagliches Gefühl vor bzw. während des Wiedereinstiegs ist normal. Fokussiere dich auf das, was du kannst. Sehe deine Kompetenzen, die du neu in der Elternzeit entwickelt hast. Stelle deine Fragen an Kollegen oder deinen Vorgesetzten. Durch gezielte Fragen, bekommst du die Antworten, die du brauchst. Desto schneller bist du wieder in deinem Arbeitsfluss bzw. findest deinen neuen Arbeitsrhythmus.

Ich wünsche dir Mut, deinen Weg zu gehen. Akzeptiere die Selbstzweifel in dir. Gebe ihnen nicht zu viel Bedeutung – dramatisiere diese nicht. Schau, was du brauchst, um in dein Selbstvertrauen zu gehen. Fokussiere dich auf deine Kompetenzen, Erfahrungen und Erfolge. Sei offen Neues zu lernen. Wir sind alle Lernende.

Dieser Blogartikel ist auch als Podcast erschien. Höre dir diesen an unter www.carolinhabekost.de/075

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