Wiedereinstieg: "Wir sitzen alle in einem Boot"
Zwei Autorinnen kümmern sich in ihrem neuen Buch um das Thema Wiedereinstieg und Vereinbarkeit
Sonja Liebsch und Nives Mestrovic sind die Autorinnen des Romans "Muttertier @n Rabenmutter", der sich mit dem Wiedereinstieg in den Beruf und den Alltag mit Kindern dreht. Wir haben die beiden Autorinnen zum Interview gebeten, um mit uns ihre Erfahrungen zu teilen.
women30plus: Worin sehen Sie die größten Stolpersteine beim Wiedereinstieg in den Beruf nach der Geburt eines oder mehrerer Kinder? Was raten Sie Frauen, die vor dem Wiedereinstieg stehen?

Ein anderer Stolperstein ist die Ausbildung. Akademikerinnen sind für die meisten Teilzeitstellen überqualifiziert und kommen nicht mal in die engere Wahl.
Ich rate Frauen, die schwanger sind, den Kontakt zum Arbeitgeber während der Elternzeit nicht abreißen zu lassen und auch mal auszuhelfen, wenn dort Not am Mann ist. Eine gute Rechtschutzversicherung ist auch nicht verkehrt 😉 
In Film und Fernsehen wird es uns vorgemacht. Bis 40 nur Karriere und dann ab 40 Kinder kriegen, nachdem die Karriere so dermaßen zementiert ist, dass da keiner am Fundament rütteln kann.
Wie Sonja es treffend gesagt hat, liegt die Kunst darin, erst gar nicht auszusteigen, um wieder einsteigen zu müssen. Das ist dann ein Kraftakt und sehr stressbehaftet, so dass sich viele Frauen gegen den Job entscheiden. Zudem sind unsere Partner wirklich gefordert, uns zu unterstützen und selber auch auf einen Schritt in der Karriere zu verzichten.
women30plus: Welchen Job hatten Sie beide vor der Geburt Ihrer Kinder?
Nives Mestrovic: Ich hatte vor der Schwangerschaft eine neue Stelle in Amsterdam in Angriff genommen.
Sonja Liebsch: Ich war vor der Geburt meiner Kinder Leiterin einer Tourist-Info.
women30plus: Haben Sie sich schon vor der Schwangerschaft Gedanken darüber gemacht, wie Sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen? Hatten Sie konkrete Vorstellungen und Pläne für die Zeit danach?
Nives Mestrovic: Ich habe mir keine Gedanken gemacht. Dazu hatte ich auch gar keine Zeit, denn meine Nächte waren so dermaßen kurz, dass ich tagsüber damit beschäftigt war, neben dem Baby meinen Schlafmangel aufzuholen.Sonja Liebsch: Nein, ich hatte auch keine konkreten Pläne. Ich wusste ja nicht, wie das Leben mit Kindern in der Praxis aussieht. Ich hatte während der Schwangerschaft daran gedacht, evtl. nach einem halben Jahr wieder stundenweise von zu Hause aus zu arbeiten, aber als mein Sohn dann auf der Welt war, konnte ich mir das gar nicht mehr vorstellen. Das war im ersten Jahr ein 24-Stunden-Job für mich.
women30plus: Wie sah Ihr beruflicher Werdegang nach der Geburt Ihres Kindes/Ihrer Kinder aus?
Sonja Liebsch: Nach meinem ersten Sohn hatte ich Glück. Bei meinem Arbeitgeber war nach 2 ½ Jahren eine passende Teilzeitstelle frei und ich griff zu. Beim zweiten Kind gab es keine passende Stelle für mich. Also machte ich mich selbstständig als Spiele- und Romanautorin. So gesehen war die Tatsache, dass ich zu neuen Wegen gezwungen wurde, ein großes Glück für mich.
Nives Mestrovic: Nach der Geburt ging es in die gleiche Richtung wie bei Sonja, in die Selbständigkeit, allerdings im Internet-Marketing.
women30plus: Sieht die Gesellschaft beruftstätige Mütter tatsächlich immer noch als Rabenmütter und Mütter, die bei den Kindern zu Hause bleiben, als Muttertiere?
Sonja Liebsch: Die Gesellschaft? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Mütter selbst es sind, die diejenigen, die sich für den anderen Weg entschieden haben, in die entsprechende Schublade stopfen und sich gehässig über sie auslassen. Vielleicht, weil sie mit ihrem eigenen Weg nicht ganz glücklich sind. Ich kann es mir nicht anders erklären. Wir Mütter sollten viel mehr zusammen halten. Wir brauchen uns.
Nives Mestrovic: Ja, wir Frauen hacken uns gerne regelmäßig die Augen aus. Wir sind nicht tolerant. In Ostdeutschland haben die Frauen keine Probleme damit, in die eine oder andere Schiene gedrückt zu werden. Dort war es immer schon so, dass Frauen arbeiten oder zu Hause bleiben konnten.
In Westdeutschland gehen uns die familiären Strukturen kaputt; die Unterstützung der Großfamilie fehlt, die Weisheit und die Gelassenheit. Wir sollten in unseren Familien wieder näher rücken, das wäre sicherlich ein guter Anfang. Arbeitgeber wissen um diese Missstände und können es sich nicht leisten für eine Mitarbeiterin zu zahlen, die immer wieder nicht im Job ist.